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Volle Peilung. Im Großraumbüro der Internetfirma Madvertise am Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg bringen Mitarbeiter Werbende und Umworbene treffsicher zusammen.

© Doris Spieckermann-Klaas

Mobile Werbung: Wir wissen, wo du steckst

Die Berliner Start-up-Firma Madvertise kann zielgruppengenau Werbung auf Handys schicken. Das Wissen lockt erste Investoren.

In der Werbebranche wird oft ein Spruch von Henry Ford zitiert: „Ich weiß, die Hälfte meiner Werbung ist hinausgeworfenes Geld. Ich weiß nur nicht, welche Hälfte.“ Das Problem liegt darin, dass zum Beispiel niemand sicher sagen kann, wer tatsächlich in dem Moment vor der Mattscheibe sitzt, wenn ein Werbespot im Fernsehen ausgestrahlt wird. Anders ist das bei Werbung, die auf dem Handy geschaltet wird: Da ist klar, wer auf das Display schaut. „Wir sorgen dafür, dass die Werbung nur Kunden erreicht, für die sie auch relevant ist“, sagt Carsten Frien, Geschäftsführer und einer der Gründer des Berliner Start-ups Madvertise. „Alle Werbung, die wir machen, geht auf Smartphones oder Tablets.“

Targeting, heißt die Methode in der Sprache der Branche. Gemeint ist Werbung, die genau auf eine bestimmte Zielgruppe zugeschnitten ist. So geht zum Beispiel die Kampagne einer Fluggesellschaft für einen neuen Businessklassenflug nach Schanghai nur an vielreisende Manager. Madvertise entwickelt dabei keine Anwendungen oder Webseiten, sondern ist der Vermittler zwischen den Werbetreibenden und den Verlagshäusern, Sendern oder Webseiten, die die Werbung platzieren. Mit monatlich 1,4 Milliarden Seitenaufrufen sei Madvertise inzwischen eines der reichweitenstärksten mobilen Werbenetzwerke in Europa, sagt Geschäftsführer Frien.

„Die Technik ist das Herzstück“, erklärt der 38-Jährige. Madvertise sorgt mit seiner Technik für die zielgenaue Auslieferung der Werbebotschaften. Dabei werden große Mengen Daten in Echtzeit analysiert; zum Beispiel: Welches Endgerät nutzt der Kunde, und wo hält er sich auf. Wer also mit seinem Outdoorhandy auf dem Wannsee unterwegs ist, erhält Werbung von Sportscheck für Segelschuhe und der Geschäftsmann, der mit dem Blackberry ständig Mails in der Münchner Innenstadt abruft, Infos von Hugo Boss zur neuen Anzugkollektion.

So können Werbetreibende nicht nur ihre Streuverluste minimieren und Henry Fords Dilemma entgehen. „Wir können online auch sehr genau messen, wie effizient jeder Euro eingesetzt wird“, verspricht Frien. Auch für den Verbraucher habe die zielgenaue Werbung Vorteile: „Da die Informationen für den Nutzer relevant sind, werden sie als Mehrwert und nicht als Werbung wahrgenommen.“ So jedenfalls lautet die Theorie. Über eines ist sich Frien dabei bewusst: „Wenn die Werbung zu sehr nervt, schaltet der Kunde einfach ab.“

Beim Targeting ist die Werbung zwar auf eine Zielgruppe, nicht aber auf eine bestimmte Person zugeschnitten, der Empfänger selbst bleibt anonym. Natürlich halte sich das Unternehmen dabei an die strengen Datenschutzregeln in Deutschland, sagt Frien. Der Standort sei damit auch ein Vorteil: „So können wir unser Geschäft ohne Probleme in alle anderen Märkte der Welt exportieren.“

Das ist auch der Plan. 2008 gründete der Betriebswirt zusammen mit drei IT- und Softwarespezialisten das Unternehmen. Mehr als 70 Mitarbeiter hat Madvertise inzwischen. Ende 2012 sollen es 110 sein. Die meisten sitzen in Berlin, es gibt aber bereits Büros in Hamburg, London, Barcelona, Madrid und Mailand.

Investoren geben weitere zehn Millionen Dollar

In der Kreuzberger Büroetage ist es schon ziemlich eng geworden, so dass ein neuer Standort gesucht wird. Im Mai oder Juni steht der Umzug an. Vor allem aber will Madvertise in die USA expandieren. Mit seinen guten Kontakten zu amerikanischen Technologieunternehmen soll dabei auch der neue Investor Blumberg Capital helfen. Gemeinsam mit dem bisherigen Kapitalgeber Early Bird steckte der Investor aus dem Silicon Valley im vergangenen Oktober zehn Millionen Dollar in das Unternehmen, vor allem, um die Expansion voranzutreiben.

Der größte Wettbewerber der Kreuzberger heißt AdMob und sitzt in den USA. 750 Millionen Euro zahlte Google 2009 für das Unternehmen. Noch ist der Markt für mobile Werbung winzig: Der Bundesverband Digitale Wirtschaft schätzt, dass er in Deutschland in 2011 bei 40 Millionen Euro gelegen hat. Doch Experten sehen große Chancen, denn es werden immer mehr Smartphones verkauft, die Netze werden besser und die Mobilfunktarife günstiger. „Mobile Werbung hat ein enormes Potenzial, wenn sie sich von den klassischen Werbeformen löst und intelligente Lösungen anbietet – also wenn sie personalisiert, standortbezogen und mit sozialen Netzwerken verknüpft ist“, sagt Florian Kerkau, Geschäftsführer der Berliner Beratungsfirma Goldmedia Custom Research.

Zum Umsatz von Madvertise verrät Frien nur so viel: 2011 ist er um 300 Prozent gewachsen. Und wie soll es weitergehen? „Ziel jedes Entrepreneurs ist es, ein weltweites Unternehmen aufzubauen, was möglichst viel Wert ist“, sagt der 38- jährige Geschäftsführer. Dabei habe er kein Interesse daran, sein Unternehmen möglichst schnell wieder zu verkaufen. „Wir wollen in zwei bis drei Jahren Marktführer in Europa werden“, habe sich sein Team vorgenommen.

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