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Wirtschaft: Mobilfunk-Einnahmen drücken die Zinsen - Anleihe-Markt wird ausgedünnt

Bundesfinanzminister Hans Eichel freut sich. Die Versteigerung der UMTS-Mobilfunklizenzen im Sommer beschert ihm Einnahmen von etwa 100 Milliarden Mark, also rund das Doppelte des für dieses Jahr geplanten Haushaltsdefizits von knapp 50 Milliarden Mark.

Bundesfinanzminister Hans Eichel freut sich. Die Versteigerung der UMTS-Mobilfunklizenzen im Sommer beschert ihm Einnahmen von etwa 100 Milliarden Mark, also rund das Doppelte des für dieses Jahr geplanten Haushaltsdefizits von knapp 50 Milliarden Mark. Eichel will das Geld zur Schuldentilgung verwenden. Dazu kommen noch die Einnahmen aus der ebenfalls für Juli geplanten Ausgabe weiterer Telekom-Aktien, so dass er in den nächsten Monaten insgesamt mit Mehreinnahmen von rund 130 Milliarden Mark rechnen kann. Doch dies hat nicht nur Auswirkungen auf den Bundeshaushalt, sondern auch auf den Kapitalmarkt. Denn der Bund wird angesichts des Geldsegens deutlich weniger Mittel am Kapitalmarkt aufnehmen müssen.

Die Konsequenz: Der Markt für Bundesanleihen wird ausgedünnt. Dass aber die zehnjährigen Staatspapiere in ihrer Funktion als Benchmark - also als von den professionellen Anlegern angesehene Richtgröße - erheblich an Bedeutung verlieren werden, ist nicht zu erwarten. Darauf wird das Bundesfinanzministerium voraussichtlich auch achten und versuchen, das Emissionsvolumen von Bundesanleihen im weiteren Jahresverlauf nicht zu weit absinken zu lassen. Anleihe-Experten erwarten, dass Eichel einen Teil der Einnahmen dazu verwenden wird, im Umlauf befindliche Bundespapiere zurückzukaufen. Um die Zinsbelastung am effektivsten zu senken, werden sich die Rückkäufe voraussichtlich auf Papiere mit einem hohen Zinskupon konzentrieren, also solche aus der Hochzinsphase Anfang der 90er-Jahre mit Fälligkeit 2001 bis 2004.

Die Auswirkungen auf den Kapitalmarkt sind klar: Das Angebot an zehnjährigen Bundesanleihen wird sinken, bei weiterhin hoher Nachfrage nach diesen für den Markt richtungweisenden Papieren wird dies deren Kurse nach oben treiben, die Renditen werden sinken. "Das ist eine wichtige Zinsbremse", meint Martin Hüfner, Zinsexperte bei der HypoVereinsbank. Durch den Effekt rechnet er nun in der zweiten Jahreshälfte mit Zehnjahres-Renditen zwischen 5,0 und 5,5 Prozent, nachdem er ursprünglich 5,5 bis 6,0 Prozent prognostiziert hatte. Derzeit liegt die Rendite bei rund 5,4 Prozent. Gleichzeitig werden die kurzen Laufzeiten von der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank beeinflusst, von der in diesem Jahr noch ein oder zwei Zinserhöhungen zu erwarten sind. Am kurzen Laufzeitenende steigen die Renditen an, am langen sinken sie. Die Zinsstrukturkurve wird sich also abflachen - der Abstand zwischen den Renditen, der derzeit rund 1,5 bis zwei Prozent beträgt, wird sich verringern.

Ob es sich für Anleger jetzt lohnt, Bundesanleihen zu kaufen, hängt allerdings noch von anderen Faktoren ab - vor allem von den amerikanischen Zinsen, denn dort könnte sich die steigende Inflation negativ auf die Bond-Kurse auswirken und dies auch die Anleihe-Kurse in Europa drücken. Insgesamt aber ist eine Entwicklung wie in den USA, wo die Haushaltssanierung dazu geführt hat, dass die langfristigen Staatsanleihen sogar niedriger rentieren als kurzlaufende Titel, nicht zu erwarten. Gegen eine solche inverse Zinsstruktur spricht, dass es sich hier um einmalige Einnahmen, um einen Einmaleffekt handelt. Dies ist auch ein Grund dafür, dass die Bundesanleihe ihre Leitfunktion am europäischen Kapitalmarkt nicht verlieren wird.

Bernd Frank

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