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Im Fokus: Die Automobilkonzerne Volkswagen, Audi, Porsche, BMW und Daimler.

© picture alliance / dpa

Mögliche Kartellabsprachen: Deutschlands Autokonzerne in Erklärungsnot

Die Forderungen, mögliche Kartellabsprachen der Automobilkonzerne unverzüglich aufzuklären, mehren sich. Betriebsräte und Gewerkschaften sind besorgt.

Von Antje Sirleschtov

Nach dem Bekanntwerden möglicher Kartellabsprachen der großen deutschen Automobilhersteller geraten die Konzernleitungen unter zunehmenden Druck. Der Betriebsrat von Volkswagen forderte am Sonntag eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung noch in dieser Woche. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) schloss sich der Forderung der Arbeitnehmervertreter an. Weil hatte am Freitag mitgeteilt, sowohl er als auch Landes-Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) hätten erst aus Medien von den Vorwürfen erfahren. Beide Politiker sowie VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh sitzen im Aufsichtsrat des Konzerns.

Wie der "Spiegel" berichtet hatte, sollen sich VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler über eine Dauer von vielen Jahren in einem gemeinsamen Kartell über Technik, Kosten und Zulieferer abgestimmt haben. Teil der Absprachen soll auch die Abgasreinigung von Dieselfahrzeugen sein, wegen derer die Autobauer in der Kritik stehen. Den Berichten zufolge soll das VW-Management eine Art Selbstanzeige bei den deutschen Kartellbehörden abgegeben haben. Die Betriebsräte von VW verlangen nun darüber Aufklärung. "Es muss sofort in der kommenden Woche eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung geben", sagte ein Sprecher des Gremiums der dpa.

Das Management des bayerischen Autokonzerns BMW wies unterdessen die Vorwürfe zurück, gestand jedoch Gespräche mit anderen Herstellern ein. Fahrzeuge der BMW Group würden "nicht manipuliert und entsprechen den jeweiligen gesetzlichen Anforderungen", teilte BMW am Sonntag mit. Die "Diskussionen mit anderen Herstellern über AdBlue-Behälter", die zur Diesel-Abgasreinigung genutzt werden und Gegenstand der Kartellvorwürfe sind, zielten aus Sicht der BMW Group lediglich "auf den notwendigen Aufbau einer Betankungsinfrastruktur in Europa ab".

Grüne attackieren Verkehrsminister Dobrindt

Gut eine Woche vor dem geplanten "Auto-Gipfel" am 2. August forderte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die Zuständigkeit für den Dieselskandal zu entziehen. "Wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten, ist das der größte Kartellfall und der größte Skandal der deutschen Wirtschaftsgeschichte", sagte Hofreiter dem "Handelsblatt". Der Grünen-Verkehrspolitiker Oliver Krischer sagte dem Tagesspiegel, er habe Dobrindt bereits im Frühjahr auf Gerüchte über Absprachen hingewiesen, denen der Minister jedoch nicht nachgegangen sei. Forderungen der Grünen nach einer Sondersitzung des Bundestags-Verkehrsausschusses erteilte die SPD-Verkehrspolitikerin Kirsten Lühmann eine Absage.

SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz forderte derweil eine rasche Aufklärung der Kartell-Vorwürfe. Wenn sie sich bestätigen sollten, "wäre das ein ungeheuerlicher Vorgang", erklärte Schulz. "Es wäre ein gigantischer Betrug zulasten der Kunden und der oftmals mittelständischen Zulieferunternehmen." In diesem Fall müssten die verantwortlichen Manager die Konsequenzen tragen. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann verlangte eine "vollumfängliche Aufklärung der Vorgänge". FDP-Chef Christian Lindner sprach von "schockierenden" Vorwürfen. Sollten sie zutreffen, müsse die Politik über schärfere Regulierungen nachdenken.

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