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Noch auf dem Trockenen: Im Mai soll auf der "Preziosa" alles fertig sein.

© AFP

MSC Preziosa: Kreuzfahrt auf Gaddafis Traumschiff

Das Kreuzfahrtunternehmen MSC stellt im Mai ein neues Schiff in Dienst. Das allein ist eigentlich noch keine Nachricht. Die Geschichte des Touristendampfers ist allerdings schillernd.

Seit der verheerenden Havarie der Costa "Concordia" vor rund drei Monaten kämpfen Kreuzfahrtanbieter gegen den Imageverlust. Gerade die ältere, zahlungskräftige Zielgruppe, die die Reiseunternehmen mit den bequemen Touren über die Weltmeere erreichen wollen, haben wenig Sinn für unvorhergesehene Abenteuer auf See. Das schlägt sich inzwischen auch bei den Buchungszahlen nieder.

Mitten in dieser Krise, von der zurzeit niemand sagen kann, wie schwerwiegend und lang anhaltend sie sein wird, stellt die italienische Reederei MSC im Mai ein neues Schiff in den Dienst. Die "Preziosa" werde das vierte Schiff der Fantasia-Klasse, teilte das Unternehmen kürzlich mit. Fantastisch ist vor allem die Geschichte, die der Touristendampfers noch vor seiner Jungfernfahrt vorweisen kann.

Vergangenes Jahr nahmen die Rebellen das Hauptquartier des Gaddafi-Regimes ein - und damit auch die Reichtümer des exzentrischen Machthabers.

Eigentlich sollte die Preziosa "Phoenicia" heißen und in Diensten der libyschen Staatsreederei stehen. Mit an Bord: Sechs lebende Haie, die in einem großen gläsernen Aquarium ihre Runden drehen - zur Freude der illustren Gäste der Diktatoren-Familie Gaddafi. Der Auftrag an den französischen Zweig der koreanischen Werft STX entstand offenbar aus der Verärgerung des Gaddafi-Sohn Hannibal.

Der als überaus launisch geltende Despoten-Sprössling hatte sich an MSC gewandt, um Schiffe für Gäste seines Vaters Muammar zu chartern, berichtet die britische "Financial Times". Man habe ihm nur schwer verständlich machen können, dass man nicht einfach spontan ein Kreuzfahrtschiff chartern könne, zitiert die Zeitung MSC-Cruises-Chef Pierfrancesco Vago.

Ein Porträt Gaddafis in Bildern.

Als Hannibals Versuche erfolglos blieben, bestellte er kurzerhand ein Schiff auf Staatskosten: 330 Meter lang, Platz für 3500 Passagiere, Marmorsäulen und -statuen, goldgefasste Spiegel - und vier Meeresbiologen allein für die Haie.

Mit dem Sturz des Gaddafi-Regimes im vergangenen Jahr stand die Werft plötzlich ohne Auftraggeber für den protzigen Kreuzer da. MSC habe monatelang mit den Koreanern verhandelt, bevor der Kreuzfahrtveranstalter das Schiff übernahm, sagte Vago der "FT". Eine halbe Milliarde Euro steckt das Unternehmen nach eigenen Angaben in das neue Schiff, dass über knapp 1800 Kabinen auf 18 Decks verfügt.

Auf die vier Meeresbiologen werden künftige Passagiere allerdings verzichten müssen, wenn sie mit der Preziosa im Mittelmeer kreuzen: Das Hai-Aquarium mit Inhalt fand bei den neuen Schiffeignern keinen Anklang. (sf)

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