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Wirtschaft: Müller beharrt auf Kurswechsel

BONN (bib). Konkret verlangt Müller in dem Bericht eine Rückführung der Staatsquote auf 40 Prozent, einen Abbau des Sozialstaats und eine Tarifpolitik, die sich am Produktivitätszuwachs orientiert und zugleich stärker als bisher innerhalb der Branchen differenziert.

BONN (bib). Konkret verlangt Müller in dem Bericht eine Rückführung der Staatsquote auf 40 Prozent, einen Abbau des Sozialstaats und eine Tarifpolitik, die sich am Produktivitätszuwachs orientiert und zugleich stärker als bisher innerhalb der Branchen differenziert.Nach seinen Angaben soll der Wirtschaftsbericht - eine bunt bebilderte, bewußt populär gestaltete 60-Seiten-Broschüre - jährlich erscheinen und in Zukunft auch eine Erfolgsbilanz des zurückliegenden Jahres enthalten. Als Konkurrenz zu dem vom Finanzminister verantworteten Jahreswirtschaftsbericht will Müller das Papier nicht sehen. Er betonte aber, daß er mit dem - seinerzeit von Oskar Lafontaine betriebenen - Verlust der für diesen Bericht zuständigen Grundsatzabteilung nicht zugleich die Kompetenz für Grundsatzfragen abgegeben habe.Gegen Kritik aus der SPD-Linken und von Gewerkschaftsseite, er vertrete neoliberale Ideen, wehrte sich der parteilose Minister mit dem Hinweis, daß er beispielsweise eine Weitergabe des Produktivitätsfortschritts an die Beschäftigten für ein Muß halte. Es sei aber nicht mit dem Ziel der Nachhaltigkeit vereinbar, wenn der Staat immer mehr von dem Geld einbehalte, das die Menschen zusätzlich verdienten. "Es ist unsozial, wenn die Arbeit zu teuer wird, weil der Staat zu teuer wird", sagte Müller. Die Bürger müßten daher ihre Ansprüche an den Staat reduzieren. Mehr Eigenvorsorge etwa auch für das Alter sei unumgänglich.In dem Bericht heißt es, der Sozialstaat müsse seine Rolle grundsätzlich überdenken und Hilfen auf wirklich Bedürftige beschränken. Müller zeigte sich zuversichtlich, daß die Staatsquote von heute 50 Prozent bis zum Jahr 2002 auf 45 Prozent gesenkt werden könne. Die scharfe Gewerkschaftskritik an seinen tarifpolitischen Vorstellungen nannte Müller ein "Mißverständnis". Er wolle nicht die Tarifautonomie beschneiden. Allerdings sollten die Tarifparteien berücksichtigen, wenn der Staat "die Lohntüte dicker macht". Die von der neuen Regierung beschlossenen Maßnahmen bedeuteten für den Durchschnittsverdiener ein Plus von rund 3000 DM binnen vier Jahren, was einem realen Anstieg von sieben bis acht Prozent entspreche. Die Forderung nach Tarifabschlüssen, in denen Besonderheiten einzelner Betriebe oder Regionen berücksichtigt werden, entspreche im übrigen völlig den im Bündnis für Arbeit diskutierten Leitlinien.Müllers Bericht stieß bei der Opposition grundsätzlich auf Beifall. CDU/CSU-Fraktionsvize Friedrich Merz und FDP-Parteivize Rainer Brüderle bezweifelten aber, daß die Regierung die Kraft hat, diesen schon von der alten Regierung verfolgten Kurs umzusetzen.Merz sagte, Müllers Bericht lese sich wie eine "scharfe und berechtigte Kritik" der bisherigen Regierungspolitik. Er forderte Müller auf, dieses Programm in der SPD-Fraktion zur Abstimmung zu stellen. Die Union behalte es sich vor, über die Kernthesen des Wirtschaftsberichts im Bundestag abstimmen zu lassen.FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle bezeichnete den Bericht als "schönes Muster ohne Wert". Die "begrüßenswerten Worte" Müllers stünden in einem "eklatanten Widerspruch" zur Politik der Bundesregierung. Die SPD-Linke Andrea Nahles hielt Müller sarkastisch "mangelnde Konsequenz" vor: Folgerichtig wäre es, wenn die Arbeitnehmer künftig ihre Sozialabgaben alleine zahlen und bei Entlassung die Firma entschädigen müßten.

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