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Wirtschaft: München hat entschieden: für den Pinguin

Auf den Verwaltungscomputern wird Windows durch Linux ersetzt – nun muss Microsoft befürchten, dass andere Städte folgen

Berlin. Der weiß-blaue Himmel über München ist weltberühmt, so berühmt wie die weiten Horizonte auf den Windows-Bildschirmen. Vielleicht hat sich Microsoft deshalb in der bayerischen Landeshauptstadt so lange so wohl gefühlt und dort wichtige Ereignisse gefeiert. Zum 20-jährigen Jubiläum von Microsoft Deutschland Anfang des Jahres kam sogar Konzernchef Bill Gates persönlich an die Isar. Doch das ist Vergangenheit.

Spätestens seit der Münchener Stadtrat am Mittwoch entschieden hat, als erste deutsche Großstadt auf den 14 000 Computern der Verwaltung das Windows-Logo gegen den Linux-Pinguin (siehe Lexikon) auszutauschen, hat die Windows-Welt ein Problem. Der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) führt gute Gründe für die Entscheidung an. „München sorgt damit nicht nur für größere Hersteller-Unabhängigkeit, sondern auch für mehr Wettbewerb im Softwaremarkt“, sagt der SPD-Mann.

Doch für Microsoft ist das eine schmerzliche Niederlage. Weniger finanziell, denn bei einem Weltumsatz von rund 30 Milliarden Dollar fällt ein 30-Millionen-Euro-Auftrag kaum ins Gewicht. Entscheidender ist die Signalwirkung. Bereits die Zusage der Stadt Schwäbisch-Hall für das alternative Betriebssystem hatte vor einigen Wochen große Wellen geschlagen. Zumal Microsoft bei der Ausschreibung um die Ausstattung des Bundestages nur knapp verhindern konnte, dass in Berlin ausschließlich Linux eingesetzt wird.

„Wie der Fall der Berliner Mauer“

Der Vorstands-Chef der Nürnberger Linux-Firma Suse, Richard Seibt, meint sogar, die Entscheidung sei „so bedeutend wie der Fall der Berliner Mauer“. „Ich denke, das ist die größte Entscheidung im Bereich E-Government in Europa, vielleicht sogar in der ganzen Welt“, gab er zu Protokoll.

Microsoft scheint das ähnlich zu sehen. Vorstandschef Steve Ballmer hatte im Vorfeld der Entscheidung seinen Ski-Urlaub in der Schweiz unterbrochen, um Münchens OB daran zu erinnern, wie eng das Band zwischen der Stadt und dem Software-Konzern einmal war. Doch selbst die Angebots-Nachbesserungen konnten die Abgeordneten von SPD und Grünen nicht dauerhaft umstimmen. Für Boris Schwartz, dem Vize-Chef von Münchens Grünen, ging es ohnehin um weitaus mehr als das möglichst günstigste Angebot: „Wir schlagen eine Bresche in die monopolartige Stellung von Microsoft“, erklärte der Politiker.

Bei Microsoft wird nun versucht, die Bedeutung herunterzuspielen. Am Deutschlandsitz in Unterschleißheim unweit von München verweist man darauf, dass sich Frankfurt am Main gerade für die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Microsoft entschieden habe. Doch München und Frankfurt sind nicht die letzten Städte, die vor der Frage stehen, mit welcher Software ihre Verwaltungen künftig arbeiten sollen. Einfach bei der alten Windows-Version zu bleiben, ist nicht möglich – Microsoft hat die Unterstützung dafür eingestellt.

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