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Wirtschaft: Nach dem Maut-Desaster stürzt sich Stolpe in Schulden

Bahn und Planungsgesellschaft des Bundes sollen mit Krediten die fehlenden Einnahmen in Milliardenhöhe ausgleichen

Berlin (fo/hop). Die Bundesregierung plant, die MilliardenEinnahmeausfälle aus der Maut über verdeckte Schulden zu finanzieren. Vor allem die Bahn und die bundeseigene Verkehrsinfrastruktur-Finanzierungsgesellschaft (VIFG) sollen Kredite aufnehmen. Allein in diesem Haushaltsjahr muss ein Einnahmeloch von 2,1 Milliarden Euro gestopft werden. Mit einem Trick versucht das Verkehrsministerium, die Anrechnung dieser neuen Milliarden-Schulden beim „Maastricht-Defizit-Kriterium“ zu umgehen.

Karin Rehbock-Zureich, Verkehrsexpertin der SPD-Fraktion im Bundestag, will zwar die Pläne im Einzelnen nicht bestätigen. Darüber sei noch nicht entschieden worden. „Eins ist aber klar. Im März muss die bestehende Haushaltssperre aufgehoben werden“, sagte Rehbock-Zureich dem Tagesspiegel. Anschließend müsse eine Überbrückungsfinanzierung für die Mautausfälle in diesem Jahr geschaffen werden. „Und ich sehe zurzeit kaum eine andere Möglichkeit, als das über neue Kredite zu machen.“ Offen sei nur, wer die zusätzlichen Schulden tragen soll. Am 3. März wollen die Ausschüsse Haushalt und Verkehr die Finanzierungsfrage klären. In Stolpes Haushalt sind eine Milliarde Euro Ausgaben wegen des Maut-Desasters gesperrt.

Zur Debatte steht laut Agenturmeldungen auch, dass die Bahn einen Kredit von 900 Millionen Euro aufnehmen soll. Der Bund, der seine Investitionszuschüsse an die Bahn wegen der Mautausfälle drastisch kürzen könnte, würde dann die Zinskosten übernehmen. Die Bahn wollte zu dem Vorschlag keine Stellung nehmen, weil sie darüber noch nicht informiert worden sei. Bahnchef Hartmut Mehdorn hatte allerdings erst vor kurzem gesagt, dass der Konzern wegen der hohen Investitionen in Bahnhöfe und in neue Züge bei der Verschuldung schon bis an die Grenze des Vertretbaren gegangen sei. Ein Sprecher der Eisenbahnergewerkschaft Transnet lehnte eine Höherverschuldung der Bahn strikt ab. „So geht das nicht. Es wären letztlich nur zusätzliche Schulden, die die Bahn später zurückzahlen muss – auch wenn das Darlehen zinslos ist“, sagte der Sprecher dem Tagesspiegel. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU, Dirk Fischer, kritisierte gegenüber dem Tagesspiegel die Regierung, weil sie ihre Finanzprobleme über „Schattenhaushalte“ lösen wolle. Fischer forderte eine haushaltskonforme Finanzierung, „notfalls über eine offene Kreditaufnahme des Bundes“.

Das Verkehrsministerium prüft seit Wochen alternative Finanzierungswege, um die Maut-Ausfälle auszugleichen. Bereits in der Schublade liegt ein Sondergesetz, mit dem die staatseigene VIFG, die bislang nur Verkehrsprojekte abwickelt, per Sondergesetz kreditfähig gemacht werden könnte. Normalerweise würden die Schulden dieser Gesellschaft dann dem Bund zugerechnet. Doch mit einem Trick glauben die Experten Stolpes, diese Defizitfalle umgehen zu können. Die Bundesgesellschaft VIFG soll in den Folgejahren einen Teil der Maut-Einnahmen direkt kassieren, so dass die Mittel zur Rückzahlung der Kredite keine Zuwendungen öffentlicher Körperschaften sind. „Die VIFG würde nicht dem Sektor Staat zugerechnet“, heißt es in einem internen Papier des Ministeriums. Von den Maut-Einnahmen zur Tilgung der Kredite sollen jährlich maximal 400 Millionen Euro an die VIFG fließen, der Rest ginge an den Bundeshaushalt.

Wenig Entlastung bringt die Vertragsstrafe von 145 Millionen Euro für 2004, die von den Toll-Collect-Gesellschaftern Daimler-Chrysler, Deutsche Telekom und Cofiroute gezahlt werden muss. Sie reicht gerade einmal, um die Zusatzkosten der Bundesanstalt für Güterverkehr (BGA) zu decken. Die BGA ist für die Betriebsgenehmigung und spätere Kontrolle des Maut-Systems zuständig und hat zum ursprünglich geplanten Start Ende August 2003 schon 840 neue Mitarbeiter eingestellt.

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