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VW hat mit einem umstrittenen und als rassistisch interpretierten Videoclip für Ärger gesorgt. Doch personelle Konsquenzen wird es deswegen nicht geben.

© Ina Fassbender/ AFP

Update

Nach Rassismusvorwürfen wegen Werbeclip: Keine personellen Konsequenzen bei VW

Volkswagen hat mit einem als rassistisch interpretierten Werbeclip für viel Ärger gesorgt. Das Unternehmen räumt blinde Flecken ein und will nachbessern.

Von Ragnar Vogt

Der umstrittene und als rassistisch interpretierte Werbeclip von Volkswagen wird keine personellen Konsequenzen nach sich ziehen. Dies berichtet die Fachzeitschrift für die Kommunikations- und Medienbranche, „Werben und Verkaufen“ und bezieht sich auf eine digitale VW-Pressekonferenz am Donnerstag.

Bei der Pressekonferenz per Skype sagte VW-Marketingchef Jochen Sengpiehl, dass er die Verantwortung für den Clip mit dem Titel „Le Petit Colon“ trage, aber dass er im Amt bleibe. Ebenfalls anwesend bei der Pressekonferenz waren Hiltrud Werner, die VW-Konzernvorständin für Integrität und Recht und Jürgen Stackmann, Markenvorstand Vertrieb und Marketing.

Neben Sengpiehl soll auch an der VW-Agentur DDB Voltage und am neuen Markenauftritt des Autokonzerns festgehalten werden. Letzterer soll vor allem für mehr „Diversity“ (deutsch: Vielfalt) stehen - also einem inklusiveren Blick auf unter anderem Alter, Herkunft, Religion, Behinderung oder Geschlecht.

Der Autokonzern Volkswagen hatte Ende Mai einen Werbefilm auf Instagram wegen Rassismusvorwürfen zurückgezogen. Man sei „überrascht und schockiert, dass unsere Instagram-Story derart missverstanden werden kann“, schrieb als erste Reaktion der Konzern in einem Kommentar unter einem anderen Insta-Post

Später entschuldigte sich VW deutlicher: „Ganz ohne Frage: Das Video ist falsch und geschmacklos“, teilte das Unternehmen mit.

Mehrfach rassistisch aufgeladener VW-Clip

In dem Video ist ein kleiner schwarzer Mann zu sehen, der von zwei überdimensionalen weißen Händen hin- und her geschubst wird. Am Ende schnipst eine weiße Hand den Mann in ein Café – und das trägt den Namen „Petit Colon“. Das ist französisch und lässt sich leicht als Anspielung auf den Kolonialismus verstehen, in französischen Kolonien wurden die Kolonisten „colon“ genannt. 

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Zudem geht es um die Verwendung des rassistischen N-Wortes: Gegen Ende des Clips wird sukzessive der Schriftzug „Der neue Golf“ eingeblendet. Dabei sind an einer Stelle die Buchstaben „ER“, „NE “, „G“ zu sehen. Aufgrund der Art der Einblendung und Platzierung auf dem Bildschirm können sie in unterschiedlicher Reihenfolge gelesen werden - und ohne große Kombinationskunst als N-Wort interpretiert werden.

VW räumt Mangel an Sensibilität für interkulturelle Themen ein

Gedacht war der Werbeclip ursprünglich anders, so das Fachmagazin weiter. Das Video war Teil einer fünfteiligen Serie, in der sich ein junges Liebespaar – sie Spanierin, er Deutsch-Nigerianer – immer wieder neckt. Die gigantische, weiße Hand, die im Clip für Empörung sorgte, ist die der spanischen Werbefreundin, die ihren fiktiven Partner ins Café schubst. Das Motiv der Schnipps-Bewegung hatte sich die Agentur von der beliebten Clip-Plattform TikTok abgeschaut.

Da der Clip aber ohne Kontext ausgestrahlt wurde, war der Zusammenhang völlig unklar. Laut Aussage von VW war auch die Wahl des Café-Namens „Le Petit colon“ (Der kleine Kolonialist) sowie die fliegenden Buchstaben, die das N-Wort stark suggerieren, „ein unglücklicher Umstand, der aber keinesfalls zu entschuldigen sei“. VW hatte nur die englische Version des Clips autorisiert, daher fiel die rassistische Suggestion der Buchstaben nicht auf. 

VW nahm den Spot von der VW-Seite – er kursiert aber weiterhin in Sozialen Netzwerken. Dabei ist nicht sicher, ob die von VW gepostete Version zu sehen ist, oder ob der Clip in irgendeiner Form verändert wurde. Wäre allerdings das Video manipuliert, wäre es dem Konzern ein leichtes, darauf hinzuweisen. 

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Bewusst oder aus Versehen?

In Sozialen Netzwerken unterstellen viele dem Autokonzern, diese Buchstabenkombination bewusst eingeblendet zu haben. Auch könnte – so wird spekuliert - VW die rassistischen Anspielungen mit Absicht gewählt haben, um Aufmerksamkeit zu bekommen, auch über die erwartbare Empörung in sozialen Medien. Insgesamt war der Film aber ein handwerklicher Fehler des Konzerns und seiner Kreativagentur.

Für Empörung in sozialen Medien sorgte auch die anfangs nur sehr halbherzige Distanzierung von VW von dem Spot. Man wolle den „Eindruck korrigieren“, dass der Spot Rassismus enthalte, schrieb VW. Der Film stelle einen „kreativen Umgang mit dem Format Instagram-Story dar“. Die Film werde aber nicht weiter gezeigt, „um derartige Interpretationen zukünftig auszuschließen“, schrieb Volkswagen.

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In einer anschließenden Stellungnahme wurde aber der Konzern sehr viel deutlicher: „Wir distanzieren uns davon und entschuldigen uns dafür. Wir werden aufklären, wie das passieren konnte - und Konsequenzen daraus ziehen.“

Wie VW jetzt Konsequenzen ziehen will

Betriebsratschef Bernd Osterloh sagte: „Ich schäme mich für diesen Spot. Da spreche ich sicherlich für die ganze Belegschaft.“

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Bei VW soll es als Konsequenz nun ein Experten-Board für Diversity geben, dem unter anderem Vertreterinnen und Vertreter von NGOs angehören sollen. Zusammengestellt wird es von der Diversity-Beauftragten Elke Heitmüller und Hiltrud Werner. Ebenso will VW auf die Expertise seiner rund 670.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 100 Nationen zurückgreifen. Sie sollen dabei helfen, kreative Inhalte künftig besser auf verletzende Aspekte zu filtern. Auch die Agentur DDB will ihre Mitarbeiter besser schulen und schneller auf Hinweise aus der Community reagieren.

„Das Video ist grenzwertig und komplett rassistisch in seiner Wirkung“, sagte hingegen Tahir Della, Sprecher der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland. Es sei erstaunlich, dass es die heftigen Reaktion in den sozialen Medien gebraucht habe, damit auch VW selbst das Video kritisch sehe, ergänzte sie.

Der VW-Konzern ist schon früher mit unsensibler Werbung aufgefallen. Vor wenigen Monaten etwa wurde ein Spot in Großbritannien verboten, weil er aus Sicht der Behörden sexistische Stereotype bedient. (mit dpa)

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