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Wirtschaft: Nachdem die Versicherer den Zuschlag erhalten haben, laufen die Automobilclubs Sturm

Schon vor einigen Wochen trafen sich in Köln führende Vertreter der Versicherungsbranche und der Autofahrerlobby. "Gutes Klima schaffen" war das Motto der Runde, an der unter anderem die Präsidenten Bernd Michaels vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und Otto Flimm vom ADAC teilnahmen.

Schon vor einigen Wochen trafen sich in Köln führende Vertreter der Versicherungsbranche und der Autofahrerlobby. "Gutes Klima schaffen" war das Motto der Runde, an der unter anderem die Präsidenten Bernd Michaels vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und Otto Flimm vom ADAC teilnahmen. Dabei ging es um die so genannten Pannenprotokolle, also um Angaben darüber, wo und wie Hilfe benötigt wird. Die Versicherer wollen für diese Informationen an die Pannenhelfer wie den ADAC jeweils 17,50 Mark kassieren - angesichts von geschätzten 500 000 Notrufvermittlungen pro Jahr würde dies einen Mehraufwand von rund zehn Millionen Mark jährlich bedeuten. Das ginge, sagt der ADAC, zu Lasten der Autofahrer. Vor allem aber sei von derartigen Gebühren keine Rede gewesen, als sich die Versicherer um die Notrufsäulen vom Bund beworben hatten.

Der ADAC ist alles andere als glücklich über die Absichten der Versicherungen. Müssten Abschlepper und Autoclubs Gebühren bezahlen, wären sie irgendwann gezwungen, diese an ihre Kunden weiterzureichen. Die Autoversicherer, die bereits rund 25 Prozent aller Notrufsäulen in eigener Regie betreiben, kostet der direkte Draht zum Autofahrer in Not allerdings zunächst einmal viel Geld: Rund 135 Millionen Mark sind in den nächsten zehn Jahren an den früheren Säulenbesitzer, den Bund, zu zahlen. Weitere 115 Millionen Mark fallen an für Investitionen in zwei rund um die Uhr erreichbare Call-Center. Und zusätzlich muss noch der laufende Betrieb finanziert werden.

Einen Teil des Geldes möchten die Versicherer daher auf direktem Wege eintreiben. GDV-Präsidiumsmitglied Gas: "Es ist von vornherein klar gewesen, dass ein Protokoll bezahlt werden muss." Ein Monopolist müsse zwar jeden mit einer Leistung beliefern, "doch wer diese nicht zahlt, kann ausgeschlossen werden". Immerhin kam von den Versicherern inzwischen ein erster Kompromissvorschlag, sie boten ein preiswertes Kurzprotokoll an. Damit ist die Assekuranz aber noch weit von der ADAC-Position entfernt. Denn der Club, der schon bei der Übernahme der Autobahnsäulen durch die Versicherer einen Imageverlust hinnehmen musste, will keinen Pfennig zahlen.

Beide Seiten setzen nun auf weitere Gespräche und zeigen guten Willen. Der GDV kassiert vorerst keine Gebühren. "Das gilt so lange, wie die Gespräche laufen", sagt Volker Sonnenburg, Geschäfsführer der GDV-Dienstleistungs-GmbH. "Es soll jedoch nicht völlig kostenlos sein. Wir wollen einen Teil der Gebühren nacherheben." Wesentlich sei der Ausgang der Verhandlungen. Derweil hält sich die ADAC-"Motorwelt", das oft lautstarke Sprachrohr der Autofahrer, zum Thema Notrufsäulen vorerst weitgehend zurück. Für die Versicherer waren die Notrufsäulen deshalb so wichtig, weil sie sich davon deutlich geringere Schadenkosten versprechen. Hätte ein anderer - im Zweifel der ADAC - die Notrufsäulen übernommen, wäre bei einem Unfall öfter ein Anwalt eingeschaltet worden, der neben dem eigenen Honorar weitere Ansprüche durchgesetzt hätte, etwa für Mietwagen. "Damit wären jährliche Mehrkosten von rund 200 Millionen Mark entstanden", schätzt das GDV-Präsidiumsmitglied Gas.

Zudem haben die Versicherer ein PR-Instrument in die Hand bekommen. Mit Sprüchen, wie "ein guter Freund alle zwei Kilometer", soll die gesamte Branche ins positive Licht gerückt werden. Da macht es Sinn, dass von Mitte des Jahres 2000 an auch die Nottelefone der Björn-Steiger-Stiftung an den Landstraßen vom GDV betrieben werden. Der "gute Freund" ist dann praktisch überall präsent.

Der ADAC will mit einer "mobilen Notrufsäule" gegensteuern. Gerade hat Europas größter Automobilclub eine Vereinbarung mit Siemens getroffen: ein Telematik-Handy zum Vorzugspreis für Clubmitglieder. Und mit großen Autoherstellern laufen Gespräche. Diese GPS-Einrichtung (Global Position System) soll in Neuwagen bereits serienmäßig installiert werden. Dann kann der Hilfe suchende Anrufer stets genau lokalisiert werden. Dafür reicht der Druck auf die Notfalltaste - und der Gang zur Notrufsäule der Versicherer, hofft der ADAC, wäre überflüssig.

Uwe Schmidt-Kasparek

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