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Nachfolge: Ein Mann für heikle Fälle kontrolliert künftig die Bahn

Utz-Hellmuth Felcht übernimmt den Aufsichtsratsvorsitz der Bahn. Er hat politische Kontakte, Erfahrung und ein Faible für Züge.

Berlin - Dass ausgerechnet Utz-Hellmuth Felcht Werner Müller als Vorsitzender des Bahn-Aufsichtsrats beerbt, hat eine gewisse Ironie. Die beiden Manager kennen sich seit vielen Jahren, aber sie sind sich alles andere als zugetan. Vor sieben Jahren war Felcht Chef des Spezialchemiekonzerns Degussa, als die RAG dort groß einstieg. Deren Chef: Werner Müller. Der SPD-nahe Ex-Bundeswirtschaftsminister übernahm die Degussa am Ende komplett, verkaufte Teile und gliederte den Rest in seinen Mischkonzern ein, den er später in Evonik umbenannte. Vor knapp vier Jahren schied Felcht bei der Degussa aus, obwohl sein Vertrag bis 2008 weitergelaufen wäre.

Doch diese Episode dürfte bei der Berufung des 63-jährigen promovierten Chemikers kaum eine Rolle gespielt haben. Entscheidend ist eher, dass er Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer ebenfalls seit vielen Jahren kennt – und diese beiden schätzen sich. Felcht war einst Chef des oberbayerischen Chemieunternehmens SKW Trostberg, das später in der Degussa aufging. Trostberg wiederum liegt im Landkreis Traunstein und gehört zum Wahlkreis, den Ramsauer seit 20 Jahren für die CSU im Bundestag vertritt.

Am Mittwoch soll Felcht im Bundeskabinett bestätigt werden. Schon vergangene Woche hatte der Tagesspiegel ihn als Favoriten genannt. Doch er war nicht allein auf der Liste, und das Kanzleramt musste noch zustimmen. Bahn-Chef Grube schimpfte schon, die lange Suche verlaufe „nicht sehr schön“. Viele Kandidaten seien „kaputt diskutiert“ worden, hatte Grube dem Tagesspiegel gesagt. Gegen den CDU-nahen Klaus-Peter Müller, Aufsichtsratschef der Commerzbank, hatte es Vorbehalte der FDP gegeben, BASF-Chef Jürgen Hambrecht – ein Vertrauter von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) – winkte dagegen schnell ab. Auch Ex-Metro-Chef Hans-Joachim Körber und Ex-SAP-Chef Henning Kagermann waren zeitweise im Rennen gewesen.

Aus dem Bahn-Tower am Potsdamer Platz kann Felcht auf das Holocaust- Mahnmal schauen, und auch damit schließt sich ein Kreis. Die Degussa war am Bau des Denkmals beteiligt, was zunächst Protest hervorrief – denn ihre frühere Tochterfirma Degesch hatte in der NS-Zeit das Giftgas Zyklon B hergestellt, mit dem in den Gaskammern Millionen von Juden ermordet wurden. Schließlich gab die Degussa einen umfangreichen Forschungsbericht über die NS-Verstrickungen heraus, und Felcht konnte die Beteiligung an dem Bau als „einen Beitrag zur Erinnerung“ hervorheben.

Schwierige Themen und hohe Politik sind dem neuen Chef-Kontrolleur des Staatsunternehmens also nicht neu. Und er hat auch eine persönliche Beziehung zu Schienen und Zügen – er sammelt Modellbahnen. Obendrein kennt er sich am Finanzmarkt aus. Zwar schließt der Bund einen Börsengang vorerst aus. Aber falls sich das ändert, kennt Felcht die Ansprechpartner: Er ist in Frankfurt am Main Partner der Beteiligungsgesellschaft One Equity Partners, die zur US- Bank JPMorgan gehört. Moritz Döbler

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