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Gilly war alteingesessener Berliner und blieb der Stadt stets treu.

© Thilo Rückeis

Nachruf auf Frank Gilly: Er hat Berlin geprägt

Der Berliner Banker Frank Gilly ist überraschend im Alter von 56 Jahren verstorben. Mit seinem gesellschaftlichen Engagement hat er die Stadt verändert.

Wenn die Formulierung in Todesanzeigen zutrifft, ein Mensch sei mitten aus dem Leben gerissen worden, dann für Frank Gilly. Der 56-Jährige, seit dem Sommer 2013 Mitglied der Geschäftsführung der Deutschen Bank in Berlin, erlag völlig überraschend einem Herzinfarkt.

Noch am letzten Freitag hatte er beim Neujahrsempfang von IHK und Handwerkskammer sein Unternehmen repräsentiert, am Samstag nahm er mit seiner Frau an der Aids-Gala teil, der traditionellen, größten Wohltätigkeitsveranstaltung der Stadt zugunsten der Nothilfe für HIV-Infizierte. Sich für die Gemeinschaft zu engagieren, sich einzubringen, seine Fähigkeiten zum Nutzen der Allgemeinheit einzusetzen, seinen Einfluss zu nutzen, um Mittel für Hilfsmaßnahmen zu mobilisieren – das alles waren für Frank Gilly Selbstverständlichkeiten. Ob es um Wirtschaftsunterricht an seiner alten Schule in Friedenau ging, um Nachhilfe zum besseren Verstehen einer komplexen Welt, ob um Unterstützung für die Tafel, die täglich tausende von Menschen mit dem Lebensnotwendigen versorgt: Man konnte sicher sein, Frank Gilly in der ersten Reihe zu finden.

Lange bevor es in Unternehmen den Begriff CSR, Corporate Social Responsability gab, lebte er das vor und animierte seine Kolleginnen und Kollegen bei der Bank, in der Freizeit Kindergärten zu renovieren, Klassenräume neu zu streichen und verwilderte Parks und Spielplätze wieder benutzbar zu machen. Und auch die vorweihnachtliche, jährliche große Spendenaktion der Tagesspiegel-Leser zugunsten sozialer Projekte in Berlin wurde von der Berliner Bank immer wieder mit fünfstelligen Beträgen unterstützt.

Alteingesessene Berliner Familie

Was sagt es über einen Menschen, über einen der Großen der Berliner Wirtschaft, wenn die Würdigung seiner Lebensleistung nicht mit der Aufzählung unternehmerischer Großtaten beginnt, sondern mit Details seines sozialen Engagements? Es sagt etwas über das geschlossene Menschenbild des Frank Gilly, über dessen Empathiefähigkeit, seine Zugewandtheit, seinen Respekt vor dem Nächsten, seine Bescheidenheit. Allesamt Eigenschaften, die erklären, warum er in seinem Beruf und warum er gerade in Berlin so erfolgreich war.

Frank Gilly entstammte einer alteingesessenen Berliner Familie. 1958 in Steglitz geboren, konnte er in der väterlichen Linie auf den Baumeister des Wrangelschlösschens verweisen, seine Mutter kam aus der Aschinger-Familie, der berühmten Gastwirtedynastie.

1977 macht er an der Friedenauer Paul-Natorp-Oberschule Abitur, eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Commerzbank schließt sich an. Frank Gilly bleibt Berlin treu, arbeitet sich über Filialen in Neukölln und Spandau hoch zum Verantwortlichen für das Privatkundengeschäft in der City-West. Der Beruf bedeutet ihm freilich nicht alles. Er ist Familienmensch, mit seiner Frau hat er zwei inzwischen erwachsene Kinder. Die Eltern sind Berlin, sind ihrem Kiez, Steglitz, eng verbunden. Das Schlossparktheater, unter Dieter Hallervorden zu neuem Leben erwacht, kann sich beider Aufmerksamkeit sicher sein.

Deutsche Bank holt Gilly in das Mutterunternehmen

Frank Gilly braucht die Berliner Luft, im Wortsinne. Er ist begeisterter Sportler, alleine den Berlin-Marathon ist er 25 Mal gelaufen. Er fährt Rennrad, Motorrad, läuft Ski. Und er bleibt seiner Heimatstadt treu, ist stolz auf Berlin. 1997 lockt ihn die Berliner Bank, 2010 wird er dort Vorsitzender der Geschäftsführung. Bis 2013 leitet er die schwierige Neustrukturierung des Geldhauses, das in der Folge der Berliner Bankenkrise 2006 von der Deutschen Bank übernommen worden war.

Dieser Prozess war 2013 praktisch abgeschlossen, als ihn das Mutterunternehmen zu sich in die neu konzipierte Führungsmannschaft der Deutschen Bank Berlin mit Harald Eisenach und Anke Sahlén holte. Dort sollte Gilly, zusammen mit Markus Détrie, als der Verantwortliche für das Privat- und Firmenkundengeschäft, die Neuorientierung der Geschäftspolitik umsetzen.

Die regionale Präsenz der Deutschen Bank würde künftig eine größere Rolle spielen, das Geldhaus wollte sich Start-ups und anderen Gründern als langfristiger Begleiter in Finanzfragen anbieten. Dabei setzte die Konzernspitze vor allem auch auf die Berlinkompetenz von Frank Gilly. Der brachte für die ihm vertraute Hauptstadtklientel noch etwas anderes mit: den Ruf absoluter Zuverlässigkeit, Vertrauenswürdigkeit und menschlicher Integrität.

All das, was Frank Gilly ausmachte, fehlt nun nicht nur dem Unternehmen, fehlt vor allem auch seiner Familie, aber es fehlt eben auch der Stadtgesellschaft, die er mitprägte. Es fehlt der Citoyen Frank Gilly.

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