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Wirtschaft: Naher Osten im Visier

Der wichtigste Markt der Rüstungs-Branche sind die Golfstaaten – doch bald geht ihnen das Geld aus

Düsseldorf (tom/eve/HB). Ob Raketen, Hubschrauber oder Kampfjets: Der Nahe und Mittlere Osten könnte wieder das Dorado der Rüstungsbranche werden. „Die Staaten kommen zurück, um zu bestellen“, erwartet ein britischer Rüstungsanalyst. Seit den 80er Jahren ist der Nahe und Mittlere Osten ein wichtiger Markt für die Waffenbranche – wegen des IranIrak-Kriegs war die Nachfrage hoch, und durch die Öl-Einnahmen hatten die Staaten genügend Geld. Heute hat der Markt nach Schätzung von Goldman Sachs aber nur noch ein Viertel seines damaligen Volumens.

Das Stockholm International Peace Research Institut schätzt, dass bis zu einem Drittel der weltweiten Rüstungsexporte in den Mittleren Osten gehen. Während Staaten wie der Iran, der sein Militärbudget von 1996 bis 2000 in etwa verdoppelt hat, oder Syrien von russischen oder chinesischen Firmen bedient werden, haben in der übrigen Region seit dem Golfkrieg US-Firmen die Nase vorne. Dort schlossen sie allein im Jahr nach der Befreiung Kuwaits Geschäfte über 13,2 Milliarden Dollar ab. Zuletzt bestellte Kuwait 16 Apache-Attack-Helikopter sowie 288 Lockheed-Martin-Hellfire-Raketen für 2,1 Milliarden Dollar. Jordanien erhält zurzeit F-16 Jets, ebenfalls von Lockheed Martin. Seit den Terror-Anschlägen überdenkt die US-Regierung zudem ihre Exportbestimmungen: Die Regeln für den Verkauf von Waffen an Verbündete sollen gelockert werden.

Über den größten Rüstungsetat verfügt dem Branchendienst Jane’s Sentinel zufolge Saudi Arabien mit 25 Milliarden Dollar – das sind 1176 Dollar pro Einwohner. Die Pro-Kopf-Ausgaben in Deutschland sind nur halb so hoch. Doch trotz der derzeit steigenden Aufwendungen für das Militär erwarten Analysten langfristig einen schrumpfenden Markt – viele Ölstaaten erwirtschaften nicht mehr die üppigen Haushalts-Überschüsse wie noch in den 80er Jahren. Noch aber zeigt die Industrie vor Ort gerne, was sie kann – etwa auf Waffen-Messen wie der IDEX in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). In diesem Jahr werden rund 800 Aussteller anreisen, darunter 70 deutsche Firmen.

Die Branche in Deutschland führt 90 Prozent ihrer Exporte in die Nato-Länder und in die EU aus. Die wichtigsten Exportprodukte darüber hinaus sind U-Boote, die von Südkorea und Israel gekauft werden, gefolgt von Panzern, Handfeuerwaffen und Munition. Dass davon etwas in den Irak gelangen könnte, gilt offiziell als ausgeschlossen. Auch vor dem UN-Embargo waren direkte Waffenlieferungen nicht möglich. Aufgrund laxer Kontrollen bei Export-Gütern, die sowohl militärisch als auch zivil genutzt werden können („dual use“), gelangten aber zum Beispiel deutsche Maschinen zum Bau von Raketenteilen sowie Chemikalien ins Land. Auch die Exportkontrollen von Rumänien, Belgien oder Bulgarien gelten als locker.

Strenge Exportgesetze

Jeremie Binnie, Nahost-Analyst von Jane’s Sentinel, sieht auch künftig wenig Raum für deutsche Waffen am Golf. Das liegt nicht nur an den strengen Exportgesetzen, die das Gros der Geschäfte nach Israel lenken. Die Konkurrenz aus Europa ist stark: So machte die britische BAE Systems 2001 Goldman Sachs zufolge mit 3,9 Milliarden Euro 20 Prozent des Umsatzes im Mittleren Osten, gefolgt von Thales mit zwölf Prozent. Die deutsch-französische EADS kämpft ebenfalls um Marktanteile bei Führungssystemen, Elektronik, Schiffsbewaffnung oder Radar. Hier sind der Hauptabnehmer die Vereinigten Arabischen Emirate.

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