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Wirtschaft: Neue Kommunikation: Anrufen und ein Video schicken

Aus dem Strandkorb an einer Videokonferenz teilnehmen, Lotto-Tipps von unterwegs abschicken, Videos auf dem Schulweg anschauen, Eiffelturm-Fotos mit dem Handy knipsen und danach direkt an die neidische Verwandtschaft schicken - so soll die Mobilfunk-Zukunft in naher Zukunft aussehen. Das erste UMTS-Multimedianetz in Deutschland will die Büdelsdorfer Mobilcom AG schon Mitte 2002 starten.

Aus dem Strandkorb an einer Videokonferenz teilnehmen, Lotto-Tipps von unterwegs abschicken, Videos auf dem Schulweg anschauen, Eiffelturm-Fotos mit dem Handy knipsen und danach direkt an die neidische Verwandtschaft schicken - so soll die Mobilfunk-Zukunft in naher Zukunft aussehen. Das erste UMTS-Multimedianetz in Deutschland will die Büdelsdorfer Mobilcom AG schon Mitte 2002 starten. Bei einer Präsentation der Technologie machte Firmenchef Gerhard Schmid am Mittwoch seine hohen Erwartungen mit knappen und prägnanten Worten deutlich: "Es funktioniert, und das ermutigt uns, viel Geld zu investieren."

Viel Geld ist es wahrlich, das Mobilcom in die Handy-Technologie der Zukunft pumpt. 1,6 Milliarden Euro (umgerechnet 3,12 Mrd Mark) sollen es allein bis Ende 2003 sein, nachdem die Firma im Zusammenschluss mit der France Telecom bereits 16,5 Milliarden Mark für den Erwerb der UMTS-Lizenz aufgebracht hatte. Bei der öffentlichen Vorführung der ersten Mobilcom-UMTS-Zelle wurden schnelle Übertragungen von Bildern, Sprache und Videos gezeigt. Die Übertragungsgeschwindigkeit war schneller als bei zahlreichen Festnetz-Anschlüssen für das Internet.

Weil UMTS viel schneller und kostengünstiger als die bisherigen Technologien sei, wird es nach der Prognose Schmids bis spätestens 2010 den bisherigen GSM-Standard abgelöst haben. Monatlich etwa 50 Euro, also rund 100 Mark, soll ein UMTS-Mobilfunkkunde im Jahre 2005 für die multimediale Zauberwelt zahlen. Das ist nicht viel mehr, als er im heutigen Durchschnitt löhnen muss - jedoch für weit weniger Leistung. Mit der Designstudie eines Handys der Mobilcom-Partnerfirma Ericsson in deren Demonstrations-Kleinbus machte Schmid in Büdelsdorf bei Kiel die UMTS-Zukunft schmackhaft.

Viel Zeit, bis die jetzt noch in dem Kleintransporter verteilte Technik in Massen als Mini-Endgerät verfügbar sein muss, bleibt bei dem knappen Fahrplan nicht. Ericsson, weltweit führender Lieferant für mobile Netzwerk-Infrastruktur, soll laut Vertrag dafür sorgen, dass zum Marktstart ausreichend Endgeräte für Mobilcom-Kunden zur Verfügung stehen. Bei Engpässen könnte ein Teil der Geräte auch aus Japan kommen.

Anders als seine größeren Konkurrenten konzentriert sich Mobilcom voll auf UMTS. Als erste auf diesem Markt will sich die 1991 in der schleswig-holsteinischen Provinz gegründete Firma im harten Kampf um den Handy-Kunden einen wichtigen Startvorteil verschaffen. Losgehen soll die multimediale Mobilfunk-Zukunft der fast unbegrenzten Möglichkeiten im nächsten Jahr in Ballungszentren wie dem Ruhrgebiet und Großstädten wie Hamburg, Berlin oder München.

Schon zum Start will die Firma eine "Bevölkerungsabdeckung" von 30 Prozent erreichen, Ende 2003 sollen es bis 50 Prozent sein. Im ersten Jahr rechnet Mobilcom mit 0,3 Millionen UMTS-Kunden, 2005 sollen es 4,9 Millionen und 2010 schon 11,7 Millionen sein. Derzeit gibt die Firma 3,3 Millionen Handy-Nutzer, 1,5 Millionen Internet-User und über sechs Millionen aktive Call-by-Call-Telefonierer im Festnetz als Kunden an.

Unabhängig davon, ob sich die UMTS-Erwartungen Schmids erfüllen werden - die Demonstration der mobilen Technik bei einer Fahrt durch Rendsburg klappte: Die Videoschaltung in die Firmenzentrale funktionierte über Antenne ebenso wie das Tetris-Spiel mit dem Kollegen im Büro und das Anschauen eines aus dem Internet abgerufenen Videos. Und als die teilnehmenden Journalisten in ihren Redaktionen ankamen, konnten sie das unterwegs von ihnen im Vorführ-Auto aufgenommene und per E-Mail verschickte Foto längst in beachtlicher technischer Qualität auf ihrem Bildschirm vorfinden.

Das künftige Mobilfunk-Multimedianetz soll bis zu 200 Mal schneller sein als die heutigen GSM-Netze. Der größte Fortschritt liegt jedoch in der gleichzeitig möglichen Übertragung von Sprache, Daten und Bildern. Folglich ist die Anwendungspalette der neuen Mobiltelefone enorm: Sie erfasst mobile Informationsdienste etwa zum Auffinden eines freien Parkhauses oder der nächsten Apotheke, aber auch sämtliche Bankdienstleistungen oder das Übertragen kleiner Videosequenzen aus dem Urlaub nach Hause. Und wer sich beim Kleiderkauf nicht ganz schlüssig ist, kann per Videokonferenz in die Umkleidekabine auch die beste Freundin zu Rate ziehen. Wenn das kein Grund für den Kauf eines neuen Mobiltelefons ist.

Wolfgang Schmidt

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