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Wirtschaft: Neue Milliardenlücke im Bundeshaushalt

Grüne: Im nächsten Jahr fehlen Hans Eichel wegen der Hartz-IV-Reform insgesamt 2,2 Milliarden Euro

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Im Bundeshaushalt 2005 klafft nach Auffassung der Grünen ein Loch von mindestens 2,2 Milliarden Euro. Entstanden ist diese Finanzierungslücke nach Angaben der Grünen-Haushälterin Anja Hajduk auch durch die Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes für die Langzeitarbeitslosen von Anfang Februar auf Anfang Januar. Die Mehrkosten dieses Beschlusses vor drei Wochen betragen rund 800 Millionen Euro. Dazu kommen die Zusagen, die die Bundesregierung den Kommunen im Zusammenhang mit der Hartz-Reform im Vermittlungsverfahren von Bund und Ländern für 2005 machen musste.

Ob die Haushaltsrisiken für den Bund im kommenden Jahr durch geringere Steuereinnahmen noch größer werden, wollte Hajduk nicht sagen. Dazu müsse die Steuerschätzung im November abgewartet werden. „Wir haben allerdings keine Luft mehr“, betonte sie vor Beginn der Beratungen der Koalitionshaushälter, die am Montag im Schloss Krickenbeck in Nordrhein-Westfalen begannen. Die Haushälter bereiten bei der Klausurtagung die Etatberatungen des Bundestages vor, die in der kommenden Woche beginnen und sich bis November hinziehen werden. Wegen der äußerst knappen Finanzierungslage erwartet Hajduk „sehr schwierige“ Etatberatungen.

Der Etatentwurf , den das Bundeskabinett ab 23. Juni verabschiedet hat, geht von Einnahmen im Umfang von 236,3 Milliarden Euro aus. Um die geplanten Ausgaben von 258,3 Milliarden Euro finanzieren zu können, hat Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) eine Nettokreditaufnahme von 22 Milliarden Euro eingeplant. Das sind nur 800 Millionen Euro weniger als die Summe der für 2005 geplanten Investitionen. Jede Mehrausgabe oder Mindereinnahme, die sich über diesen Betrag hinaus im Laufe der Etatberatungen ergeben sollte, würde den Haushalt 2005 noch vor seiner Verabschiedung verfassungswidrig machen. Anders als in diesem Jahr steht der Koalition wegen der konjunkturellen Erholung jetzt nicht der Ausweg offen, die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu erklären. Die würde ihr erlauben, mehr Kredite aufzunehmen.

Nach Ansicht des haushaltspolitischen Sprechers der Union, Dietrich Austermann (CDU), steht die Regierung Schröder mit dem Haushalt 2005 bereits jetzt „so gut wie in der Insolvenz“. Inklusive der geplanten Neuverschuldung, der angesetzten Privatisierungserlöse (rund 15 Milliarden Euro) und der Mehrkosten für die Hartz-Reform schätzt Austermann das strukturelle Defizit des Etats für die nächsten Jahre auf 40 Milliarden Euro. „Der Etat 2005 wird mit Sicherheit verfassungswidrig sein“, sagte er. Er rechne mit einer Neuverschuldung von etwa 50 Milliarden Euro.

Dagegen scheint Eichel auf ein Entgegenkommen der EU-Kommission beim Stabilitätspakt hoffen zu können. Nach Informationen des Handelsblatts will Währungskommissar Joaquin Almunia den Defizitsündern, zu denen auch Deutschland zählt, helfen. Die außerordentlichen Umstände, die ein Überschreiten der zulässigen Defizitgrenze zulassen, sollen neu definiert werden. Derzeit ist ein übermäßig hohes Defizit von über drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts nur zulässig, wenn die Wirtschaft des betreffenden Landes um zwei Prozent schrumpft. Almunia will diese Rezessionsklausel neu fassen. Darüber hinaus will er die Defizitsünder von der Pflicht befreien, gleich im ersten Jahr nach dem Auftreten der unerlaubt hohen Neuverschuldung diese wieder unter die Drei-Prozent-Marke drücken zu müssen.mit HB

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