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Wirtschaft: Neue Milliardenrisiken für Mobilfunker

Für die deutschen Mobilfunkbetreiber geht es um Milliarden: Werden die Grenzwerte für die elektromagnetische Strahlung, die von Mobilfunkantennen ausgehen dürfen, gesenkt oder nicht? Mit einer Dialog-Kampagne versuchen die Unternehmen, dem wachsenden Widerstand gegen die Antennen in der Bevölkerung zu begegnen.

Für die deutschen Mobilfunkbetreiber geht es um Milliarden: Werden die Grenzwerte für die elektromagnetische Strahlung, die von Mobilfunkantennen ausgehen dürfen, gesenkt oder nicht? Mit einer Dialog-Kampagne versuchen die Unternehmen, dem wachsenden Widerstand gegen die Antennen in der Bevölkerung zu begegnen. Doch Planungssicherheit haben sie solange nicht, wie die Regierung nicht über Grenzwerte entscheidet.

Für die Unternehmen ist eine rasche Entscheidung besonders wichtig, weil sie jetzt mit dem Aufbau ihrer Netze für die neue Mobilfunkgeneration beginnen. Müssten sie später umplanen, weil die Grenzwerte verändert werden, würde der Netzaufbau nicht nur teurer, er würde auch schwieriger. Denn längst haben sich überall im Land Bürgerinitiativen gegründet, die gegen Handy-Netzantennen sind, egal wie hoch die erlaubte Strahlung ist. Die Unternehmen fürchten massive Verzögerungen und deutliche finanzielle Mehrbelastungen für den Netzaufbau, wenn die Regierung sich nicht entscheidet.

Noch, so heißt es bei den zwei größten Netzbetreibern T-Mobil (D1) und Vodafone (D2), seien sie mit dem Aufbau der Netze für den neuen Mobilfunkstandard UMTS im Plan. Das sagen auch die Neueinsteiger auf dem Markt, Mobilcom und Quam, die beide bisher noch gar kein Netz haben und daher viel mehr neue Standorte für ihre Antennen akquirieren müssen. Quam habe bei der Zeitplanung für den Netzaufbau bereits eingeplant, dass man mit der Bevölkerung vor Ort reden müsse. "Wir müssen besser kommunizieren, als es die Netzbetreiber in den vergangenen Jahren gemacht haben", sagt Quam-Sprecher Matthias Andreesen. "Das ist eine Herausforderung für die gesamte Branche."

Inzwischen haben die sechs Netzbetreiber, die hart um jeden neuen Kunden kämpfen, einen gemeinsamen Verein gegründet. Das Informationszentrum Mobilfunk (IZMF) soll alle Fragen aus der Bevölkerung rund um das Thema Mobilfunk beantworten. Etwa fünf Millionen Mark, so heißt es aus Branchenkreisen, investieren die sechs Netzbereiber allein in diesem Jahr ins IZMF. Gerade läuft eine Informationskampagne, mit der die Mobilkfunkbetreiber mit der Bevölkerung ins Gespräch kommen wollen.

"Wir sind überzeugt, dass eine Senkung der Grenzwerte nicht notwendig ist", sagt Stefan Zuber vom Münchner Netzbetreiber Viag Interkom. Dafür gebe es bis heute keine wissenschaftliche Grundlage. Die Netzbetreiber können sich dabei auf die Empfehlung der Strahlenschutzkommission berufen. Die besagt: Es gebe derzeit keine wissenschaftlich fundierten Argumente, die Grenzwerte zu senken. Allerdings: Weiteren Forschungsbedarf sehen die Experten der Strahlenschutzkommission schon.

In der Diskussion ist eine Absenkung der Grenzwerte auf das Schweizer Niveau. Die Grenzwerte in der Schweiz liegen um den Faktor zehn niedriger als hier zu Lande. Sollte der Bundesumweltminister sich durchsetzen und die Grenzwerte aus Gründen der Vorsorge senken, dann würde allerdings auch die Leistung der Antennen sinken. Um die gleiche Versorgung der heute bereits etwa 60 Millionen Handy-Besitzer in Deutschland sicher zu stellen, müssten also deutlich mehr Antennen aufgebaut werden, als das die bisherigen Netzlanungen vorsehen. Damit sei das Problem also nicht gelöst, kritisieren die Netzbetreiber einhellig. Im Gegenteil: Es verschärfe sich, da die Zahl der Antennen ja steigen muss. Von etwa ein Drittel mehr bis zum Doppelten reichen die Schätzungen in der Branche. Eine genaue Zahl will niemand nennen.

Mit der Zahl der Antennen steigen auch die Kosten. Auch hier will kein Netzbetreiber eine konkrete Zahl nennen. Von Mehrkosten zwischen drei und acht Milliarden Mark für den Aufbau der Netze in Deutschland bei Verschärfung der Grenzwerte auf Schweizer Niveau ist die Rede.

Diese Diskussion aber wollen der Wirtschafts- und der Finanzminister möglichst vermeiden: Sie fürchten Regressforderungen der UMTS-Lizenzinhaber, wenn sich die Bedingungen ändern. Offenbar mit Grund: Es gebe klare Lizenzbedingungen, die die Netzbetreiber zu erfüllen hätten, sagt Zuber von Viag Interkom. "Daran darf der Staat im Nachhinein nicht rütteln."

vis

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