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Neue Studie: Autofahrer sponsern den Staat

Autofahrer zahlen weitaus mehr Steuern und Abgaben für Straßen, als der Staat für deren Bau und Unterhalt ausgibt. Beim gesamten Straßennetz tragen die Nutzer mehr als das Doppelte der Kosten, bei Autobahnen ist es sogar mehr als das Vierfache.

Berlin - Autofahrer zahlen weitaus mehr Steuern und Abgaben für Straßen, als der Staat für deren Bau und Unterhalt ausgibt. Beim gesamten Straßennetz tragen die Nutzer mehr als das Doppelte der Kosten, bei Autobahnen ist es sogar mehr als das Vierfache. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), das der Automobilclub ADAC, der Industrieverband BDI und der Logistikverband BGL in Auftrag gegeben hatten. „Diskussionen über neue oder höhere Abgaben des Pkw-Verkehrs verbieten sich“, schlussfolgerte ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker bei der Vorstellung der Expertise am Donnerstag in Berlin.

Für das gesamte Straßennetz hat der Bund 2007 demnach 31,7 Milliarden Euro ausgegeben. Dem standen Einnahmen aus Mineralöl- und Kfz-Steuer sowie aus der Lkw-Maut von 47,2 Milliarden Euro gegenüber. Daraus errechnet das DIW, dass deutsche Pkw-Fahrer ihre Wegekosten auf Autobahnen zu 421 Prozent decken, schwere Lkw aus Deutschland zu 210 Prozent. Ausländer kommen auf geringere Werte, weil nur ein Teil ihrer Abgaben an den deutschen Fiskus fließt.

Die Verbände wollen mit der Studie die Diskussion um eine Pkw-Maut beenden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt eine solche Abgabe zwar ab. FDP und CSU befürworten sie aber, und Regierungsbeamte prüfen angesichts der Haushaltsdefizite mehrere Maut-Modelle.

„Die These, dass zu wenig Geld für den Straßenbau in die Kassen fließt, hat sich als Mär entpuppt“, befand ADAC-Mann Becker. Auch die Forderung, Ausländer per Maut an den Autobahnkosten zu beteiligen, wies er zurück – laut DIW zahlen sie über die Mineralölsteuer das Doppelte der von ihnen verursachten Ausgaben.

Der Verband Allianz pro Schiene warf dem ADAC einen „Denkfehler“ vor. Er blende große Kostenblöcke des Straßenverkehrs aus, sagte Geschäftsführer Dirk Flege und nannte Unfallkosten, Schäden durch Luftverschmutzung, Lärm und den Klimawandel. Auf ein „zweistelliges Milliardenminus“ für die Straße wäre der Club mit diesen Faktoren gekommen, urteilte Flege.

Derweil fürchtet die SPD, dass der Staat in Zukunft zu wenig Geld für die Infrastruktur ausgibt. „Wenn nichts passiert, kommen wir in eine ganz schwierige Lage“, sagte ihr Verkehrsexperte Uwe Beckmeyer mit Blick auf die Finanzsituation. An diesem Freitag debattiert der Bundestag über den Etat von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). „Wir müssen einen höheren Anteil des Bruttosozialprodukts für den Verkehr reklamieren, das ist absolut wichtig für die Wirtschaft in Deutschland“, sagte Beckmeyer.

Auch die Deutsche Bahn sorgt sich um Engpässe in der Zukunft. In einem internen Papier, das dieser Zeitung vorliegt, listet sie zehn Schienen-Projekte auf, deren Finanzierung „aus derzeitiger Sicht bis 2025 nicht gesichert“ ist. Dazu gehört der weitere Ausbau des Bahnknotens Berlin zwischen dem Nordkreuz und Karow. Auch der Bau der Seehafen-Anbindung von Hamburg und Bremen nach Hannover sowie die Fehmarnbeltquerung erscheinen der Bahn gefährdet. Ebenso die Elektrifizierung der Strecke Ulm-Friedrichshafen-Lindau oder der Ausbau von München über Mühldorf nach Freilassing – diese beiden Projekte stuft der Bundesverkehrswegeplan als vordringlich ein. Nötig für diese Vorhaben seien 1,8 Milliarden Euro pro Jahr. 2010 stünden aber nur gut 1,6 Milliarden zur Verfügung, bis 2015 werde dieser Betrag auf etwa 1,2 Milliarden sinken. Carsten Brönstrup

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