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Nur jeder zweite Beschäftigte in der Branche wird nach Tarif bezahlt.

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Neue Tarifrunde: Die IG Metall fordert so wenig wie seit 2006 nicht mehr

Der Arbeitsmarkt ist stark - die IG Metall geht trotzdem bescheidener in die nächsten Tarifrunden: 4,5 bis fünf Prozent will Gewerkschaftschef Jörg Hofmann rausholen, die niedrigste Forderung seit 2006. Dafür sollen mehr Betriebe zurück in die Tarifbindung kommen.

Die IG Metall gibt sich in der anstehenden Tarifrunde für die rund 3,8 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie etwas bescheidener als im vergangenen Jahr. Der Vorstand beschloss am Dienstag eine Forderungsempfehlung zwischen 4,5 und 5,0 Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. 2015 hatte die Gewerkschaft noch 5,5 Prozent mehr Geld und zusätzlich Arbeitszeitverkürzungen verlangt. IG Metall-Chef Jörg Hofmann begründete die etwas niedrige Forderung - die niedrigste seit 2006 - am Dienstag in Frankfurt damit, dass es nicht in allen Betrieben und Regionen wirtschaftlich so gut laufe wie 2015. Daneben will die IG Metall die Tarifrunde nutzen, um wieder mehr Betriebe in die Tarifbindung zurückholen. Es werde Diskussionen mit den Belegschaften geben, auch Warnstreiks schließt Hofmann nicht aus. Schließlich gelte für nicht-tarifgebundene Betriebe auch keine Friedenspflicht.

 Warnstreiks sind ab April möglich

Hofmann begründete die Empfehlung von 4,5 bis 5 Prozent mit dem auch 2016 stabilen wirtschaftlichen Umfeld, den Wachstumsprognosen von 1,8 Prozent für den Euro-Raum und von knapp unter zwei Prozent in Deutschland. Auch in den USA gehe es weiter aufwärts. Und selbst in China sei das Wachstum trotz der Abschwächung mit den voraus gesagten 6,3 Prozent immer noch hoch. Obwohl die Inflationsrate in diesem Jahr nur zwischen 0,9 und 1,2 Prozent liegen dürfte, orientiert sich die IG Metall für ihre Forderung am Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent. Hofmann erwartet zudem einen weiteren Produktivitätszuwachs und spricht mit Blick auf 2015 von einer Ertragssituation der Unternehmen auf „überdurchschnittlich hohem Niveau“. Die Netto-Umsatz-Rendite habe bei 3,6 Prozent gelegen. Damit habe die Branche den Anstieg der Lohnstückkosten sehr gut verkraftet.

In der vergangenen Woche hatten die großen Tarif-Bezirke der IG Metall in Bayern und Baden-Württemberg jeweils fünf Prozent gefordert, die kleineren im Bezirk Mitte und in Berlin-Brandenburg hatten bis zu fünf Prozent genannt, Nordrhein-Westfalen 4,5 bis 5 Prozent. In den nächsten Wochen wird in den regionalen Tarifkommissionen weiter diskutiert werden, bevor sie am 23. Februar konkrete Beschlüsse fassen. Der Vorstand der IG Metall wird dann am 29. Februar die endgültige Forderung beschließen. Der Tarifvertrag läuft am 31. März aus, zwei Wochen davor finden die ersten Tarifverhandlungen statt. Warnstreiks sind ab 29. April möglich. Im vergangenen Jahr hatten sich IG Metall und Arbeitgeber nach mehreren Warnstreiks auf einen Abschluss von 3,4 Prozent verständigt.

 Nur jeder zweite Beschäftigte arbeitet nach Tarif

Wichtiges Anliegen in der Tarifrunde ist für Hofmann auch die Ausweitung der Tarifbindung. Aktuell erfassen die Tarifverträge seinen Angaben zufolge nur etwa 55 Prozent der Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie. „In den 1990er Jahren waren es noch 70 Prozent“. Dabei geht es dem IG Metall-Chef zufolge auch um Lohn-Gerechtigkeit. „Der Kollege in einem Betrieb ohne Tarifbindung, der die gleiche Arbeit verrichtet wie sein Kollege im Betrieb mit Tarifbindung erhält im Schnitt 24,6 Prozent weniger Entgelt“. Damit wolle sich die IG Metall nicht abfinden. Deshalb seien auch bei nicht-tarifgebundenen Betrieben in den nächsten Wochen nicht nur Proteste, sondern auch Warnstreiks möglich.

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