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Die Tierschutzorganisation VIER PFOTEN ist für einen sofortigen Stopp von Tiertransporten.

© Daniel Karmann/dpa

Exklusiv

Neue Verordnung der EU-Kommission: „Tiere sind keine globale Ware zur reinen Profitmaximierung“

Die internationale Tierschutzorganisation VIER PFOTEN zeigte sich am Mittwoch entsetzt über die neuen Beschlüsse der EU-Kommission zu Lebendtiertransporten.

Nach tagelangen Megastaus an den EU-Grenzen und Übergängen zu Drittstaaten aufgrund der Corona-Krise hat die EU-Kommission nun auf die schweren Störungen in den Kontrollsystemen von Mitgliedstaaten reagiert. Mit sofortiger Wirkung wurden am Dienstag neue Leitlinien verabschiedet, die bis zum 1. Juni befristet sind. Für Mitgliedstaaten soll mit der Durchführungsverordnung eine Erleichterung bei Lebendtiertransporten für einen ungehinderten Warenfluss gewährleistet werden.

Tierschutzorganisation fordert Stopp der Transporte

Die Tierschutzorganisation VIER PFOTEN äußerte sich am Mittwoch schockiert über die neuen Beschlüsse und forderte einen sofortigen Stopp aller Lebendtiertransporte. In den nächsten zwei Monaten hätten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Kontrollvorgänge stark zu vereinfachen und abzubauen. VIER PFOTEN sieht darin eine Aufweichung von Tierschutzrichtlinien und eine Verschlechterung der Lage von tausenden Tieren. Der EU-Kommission ginge es ausschließlich um die Aufrechterhaltung der Warenflüsse und darum, die grenzüberschreitenden Tiertransporte zu erleichtern.

In dieser Verordnung sind befristete Maßnahmen festgelegt, die zur Eindämmung weitreichender Risiken für die Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen sowie für den Tierschutz erforderlich sind, damit auf schwere Störungen in den Kontrollsystemen von Mitgliedstaaten (...) reagiert werden kann.

Artikel 1 - DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2020/466 DER KOMMISSION vom 30. März 2020

Seit der Coronavirus-Ausbreitung in Deutschland stehen Tiertransporte vermehrt in der Kritik. An der deutsch-polnischen Grenze kam es Mitte März zu kilometerlangen Staus, in denen auch Lebendtiertransporte feststeckten.

Wie der Tagesspiegel berichtete forderten mehrere Tierschutzorganisationen einen sofortigen Stopp der Transporte in Corona-Zeiten. Auch VIER PFOTEN warnte zu diesem Zeitpunkt bereits davor, dass Tierärzte und Polizei aufgrund der Corona-Krise noch weniger Zeit und Ressourcen hätten, den Tierschutz zu gewährleisten.

Ausnahmsweise dürfen amtliche Kontrollen und andere amtliche Tätigkeiten von einer oder mehreren natürlichen Personen durchgeführt werden, die von der zuständigen Behörde aufgrund der jeweiligen Qualifikationen, Schulung und praktischen Erfahrung hierzu eigens ermächtigt wurde(n) (...).

Artikel 3 - DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2020/466 DER KOMMISSION vom 30. März 2020

Laut der neuen Verordnung der EU-Kommission seien jetzt zur Abfertigung des Transportes keine offiziellen Original-Zertifikate mehr nötig. Dies würde Fälschungsmöglichkeiten erhöhen. Außerdem müssten nun auch keine Amtstierärzte mehr bei der Verladung vor Ort sein, wie es normalerweise üblich sei. Laut VIER PFOTEN eine katastrophale Entscheidung.

„Niemand kann wissen, wie sich die Situation an den Grenzen in den nächsten Tagen oder Wochen entwickelt“, so die Tierschutzorganisation. Der Tierschutz sei auf dem Luftweg, Schiffen oder Straßen noch weniger gewährleistet als sowieso schon und könnte zu noch mehr Tierleid führen.

Amtliche Kontrollen und andere amtliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit amtlichen Bescheinigungen und amtlichen Attestierungen dürfen ausnahmsweise in Form einer amtlichen Kontrolle einer elektronischen Kopie des Originals dieser Bescheinigungen (...) vorgenommen werden (…).

Artikel 4 - DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2020/466 DER KOMMISSION vom 30. März 2020

Rüdiger Jürgensen, Geschäftsführer von VIER PFOTEN Deutschland, betonte, dass sich die Lage der Tiere bei Transporten aufgrund der Corona-Krise bereits dramatisch verschlechtert habe. Die ohnehin schon niedrigen Tierschutzbestimmungen bei Transporten jetzt zu lockern, sei ein „handfester Skandal. Die Bundesministerin darf diese Lockerungen keinesfalls umsetzen.“

Tiere seien empfindsame und leidensfähige Lebewesen, „keine globale Ware zur reinen Profitmaximierung“ sagte Jürgensen. „Politik und Wirtschaft in der EU und auch in Deutschland dürfen die aktuelle Situation nicht als wirtschaftliches Deckmäntelchen benutzen, um den niedrigen Tierschutzstandard noch weiter zu untergraben.“

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