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Neuer Arbeitgeberpräsident: Ingo Kramer löst Dieter Hundt ab

Ein Metallunternehmer aus Bremerhaven wird neuer Arbeitgeberpräsident. Nach 17 Jahren geht Dieter Hundt in Rente.

Berlin - Vor rund drei Jahren setzten sich zwei (relativ) alte Männer zusammen, um über die Zukunft zu reden. Martin Kannegiesser (Jahrgang 1941), damals Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, und Dieter Hundt (1938), Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), wollten gemeinsam die jeweilige Nachfolge regeln. Eigentlich hatte Kannegiesser Ingo Kramer, den Präsidenten des Arbeitgeberverbandes Nordmetall, für seinen Posten an der Spitze des mächtigen Metallerverbandes ausgeguckt. Doch Hundt brauchte auch einen Nachfolger, und einen besseren als Kramer konnten die beiden langjährigen Verbandsbosse nicht finden. Also griff Kannegiesser zu Plan B: Rainer Dulger von Südwestmetall kam zu Gesamtmetall. Kramer wurde Vizepräsident der BDA, um sich warmzulaufen für den Spitzenjob, den er nun im November von Hundt übernimmt.

Ein „bodenständiger Mittelständler mit internationaler Aufstellung“ heißt es bei der BDA über die Firma ihres künftigen Präsidenten. Mit 260 Mitarbeitern ein eher kleines Unternehmen und damit aber auch durchaus typisch für den deutschen Mittelstand. Seit 1986 ist Kramer geschäftsführender Gesellschafter der Firma, die Rohre, Kessel oder Speicher baut, unter anderem für Windkraftanlagen und Raffinerien. Der Chef selbst ist gerade 60 geworden, gelernter Wirtschaftsingenieur, verheiratet, Vater von vier Kindern. Ein engagierter Mann mit hanseatischen Umgangsformen, „der nicht in einer Talkshow sitzt und gegen die Gewerkschaft poltert“. So ist jedenfalls bei der IG Metall zu hören, die mit Kramer zu tun hat. Neben seiner Funktion als Chef der norddeutschen Metallarbeitgeber ist Kramer auch Präsident der IHK Bremerhaven und Schatzmeister bei Gesamtmetall. Ende der 90er Jahre leitete er für fünf Jahre die FDP-Fraktionen in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung – eher ein sozialliberaler als ein neoliberaler Geist. Kramer schätzt die friedensstiftende Wirkung von Tarifverträgen und überhaupt die Sozialpartnerschaft – wie sein Vorgänger Hundt und sein Mentor Kannegiesser.

Tatsächlich ist es auch diesen beiden Männern zu verdanken, wenn Tarifverträge heute eine besseren Ruf haben als 1996. Damals wurde Hundt Arbeitgeberpräsident, und nebenan, an der Spitze des Industrieverbandes BDI, saß mit Hans-Olaf Henkel ein Funktionär, der ebenso wie zum Beispiel Guido Westerwelle (FDP) oder Friedrich Merz (CDU) Tarifverträge für Relikte des rheinischen Kapitalismus hielt. Einen Standortnachteil eben. Der Wind hat sich längst gedreht im Land, heute wirbt mit Reiner Haseloff in Magdeburg ein CDU-Ministerpräsident für Tarife, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften als Standortvorteil. Auch deshalb, weil Hundt und mehr noch Kannegiesser die flexible Handhabung von Tarifen für die Betriebe erleichterten. Das wiederum war auch ein Ergebnis der Standortdebatten, die in den 90er Jahren bis zur Politik der Agenda 2010 im Jahr 2003 geführt wurden, und bei denen Hundt vor allem auf niedrigere Lohnzusatzkosten und Reformen auf dem Arbeitsmarkt drängte. Beides hat er bekommen, allerdings auch zum Preis eines gewaltigen Niedriglohnsektors und der sich abzeichnenden Altersarmut.

Damit kann sich vom November an Kramer rumschlagen. Dessen Lieblingsthema passt durchaus in diese Kontext: Bildung. Anlässlich seines 60. Geburtstags veranstaltete Kramer Anfang des Jahres ein Symposium zum Thema „Bildung – Chancen – Gerechtigkeit“. Als Vorsitzender der Stiftung der deutschen Wirtschaft kümmert sich Kramer um die Förderung Hochbegabter, im Rahmen des Projekts „Nordchance“ um Schulabbrecher und generell benachteiligte Jugendliche. Damit ist er auf der Höhe der Zeit. Bildung, lebenslanges Lernen und überhaupt Mittel und Wege gegen den Fachkräftemangel sind die Themen der kommenden Jahre.

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