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Wirtschaft: Neuer Markt lockt mit niedrigen Kursen

Regelwidriger Abschied von Altgesellschaftern, eine Flut von Neuemissionen oder etwa schlechtes Marketing der Banken - wer in diesen Tagen die Negativfaktoren am Neuen Markt aufzählen will, hat schnell ein halbes Dutzend zusammen. Von Euphorie ist am Börsensegment für Wachstumswerte schon längst keine Rede mehr.

Regelwidriger Abschied von Altgesellschaftern, eine Flut von Neuemissionen oder etwa schlechtes Marketing der Banken - wer in diesen Tagen die Negativfaktoren am Neuen Markt aufzählen will, hat schnell ein halbes Dutzend zusammen. Von Euphorie ist am Börsensegment für Wachstumswerte schon längst keine Rede mehr. Die Kurse sind teilweise dramatisch eingebrochen.

Während der Deutsche Aktienindex (Dax) in den vergangenen drei Monaten knapp sechs Prozent einbüßte, verlor der All-Share-Aktienindex am Neuen Markt rund 17 Prozent. An manchen Septembertagen herrschte regelrechte Ausverkaufsstimmung. "Eine gesunde Entwicklung", findet Karl Fickel von Invesco. "Jetzt gehen viele Stücke von den zittrigen in feste Hände." Für den Fondsmanager des Invesco Neue Märkte bietet die Korrekturphase so manch günstige Gelegenheit.

Anleger stoßen nun auch Titel ab, denen sie noch vor ein paar Monaten fast um jeden Preis hinterhergelaufen sind. Plötzlich steht zum Beispiel auch ein Schwergewicht und Top-Performer wie EM-TV, der sein Geld unter anderem mit der Vermarktung von TV-Programmen verdient, unter Druck. "Einige zuvor überteuerte Aktien haben nun eine realistische Bewertung erreicht", glaubt Wassili Papas von Union Investment. "Auf niedrigerem Niveau kaufen wir gezielt zu." Auch Stefan Völkel, Manager bei BfG Invest für den Fonds Neue Märkte, rät Anlegern, bei ausgesuchten Werten erste Kauforders zu platzieren. "Aber es besteht keine Eile, sich jetzt komplett neu einzudecken", glaubt er. "Im Jahresverlauf bieten sich noch einige Chancen." Doch die Zeit läuft. "Im Januar werden viele Anleger wieder an der Börse auftauchen und kaufen", glaubt Thomas Galvin vom US-Investmenthaus Donaldson, Lufkin & Jenrette.

Clevere Anleger decken sich deshalb schon jetzt ein - aber sie gehen dabei strategisch vor. "Nicht blind draufloskaufen, nur weil Medien oder Internet im Namen steht", rät Fondsmanager Fickel. Bevor ein Wert bei ihm oder seinen Kollegen ins Depot kommt, nehmen die Geldprofis vor allem die Marktstellung und das Management unter die Lupe. "Die Story muss plausibel sein", fasst Papas die Auswahlkriterien zusammen.

Stärkeres Augenmerk richtet sein Kollege Völkel auf das Management. "Märkte und Technik wandeln sich so schnell. Da sind Prognosen schnell Makulatur." Immer öfter müssen die Vorstände von Unternehmen am Neuen Markt kleinlaut einräumen, dass es mit den hochtrabenden Umsatz- und Ertragsvorstellungen in diesem Jahr wohl doch nichts wird. Beim Software-Entwickler Netlife zum Beispiel kam das peinliche Eingeständnis des Vorstands nur wenige Monate nach dem Börsengang. Nach einer Erhebung von Dresdner Kleinwort Benson senkten die Analysten allein im September bei 48 von 106 Neue-Markt-Unternehmen ihre Gewinnschätzungen. "Wichtig ist, dass das Management angekündigte Fortschritte darstellen kann und plausibel erläutert, wie es die ins Auge gefassten Ziele erreichen will", zählt Völkel auf. "Aixtron ist zum Beispiel ein Unternehmen, das die Börse in dieser Beziehung noch nie enttäuscht hat." Für Anleger hat er eine simple Strategie parat: "In den USA hat sich gezeigt, dass es am erfolgreichsten ist, immer auf den Marktführer zu setzen und sein Investment nach zwölf bis 24 Monaten zu überprüfen."

tlu

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