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Wirtschaft: Neuer Markt: Noch mehr Pleiten drohen

Das dicke Ende kommt erst noch - zumindest am Neuen Markt. Diese Warnung gab am Donnerstag Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Das dicke Ende kommt erst noch - zumindest am Neuen Markt. Diese Warnung gab am Donnerstag Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Er rechne in diesem Marktsegment auch für 2002 mit einer zweistelligen Zahl von Firmenpleiten, sagte Hocker in Berlin. Bereits in den vergangenen zwei Jahren brachten 90 Prozent der Neue-Markt-Unternehmen den Anlegern Kursverluste ein.

Bereits das Börsenjahr 2001 werde als ein Jahr der massiven Kursverluste in allen Marktsegmenten der deutschen Börse und Saison der Firmenpleiten in die Geschichte eingehen, sagte Hocker. Die Anleger sollten bei Aktienkäufen deshalb künftig kritischer sein, und sich nicht darauf einlassen mit Penny-Stocks zu "zocken".

Die DSW hat zwei Listen erstellt, auf denen, getrennt nach Standardwerten und Neuen-Markt-Titeln, die jeweils 50 größten "Vernichter von Aktionärsvermögen" aufgeführt sind. Bei den Standardwerten wurden 346 Unternehmen aus dem Dax, dem M-Dax, dem S-Dax und dem C-Dax berücksichtigt, die fünf Jahre gelistet sind. Die Fünf-Jahres-Performance floss mit 50 Prozent, die drei Jahres Performance mit 30 und die Ein-Jahres-Performance mit 20 Prozent ein. Am Neuen Markt wurden 178 Werte erfasst, die seit zwei Jahren notiert werden. Hier wurde die Zwei-Jahres-Performance mit 70 und die Ein-Jahres-Performance mit 30 Prozent berücksichtigt.

Als Ursache für massive (Kurs-)Verluste der Unternehmen oder gar die Insolvenz hat die DSW viel zu teure Akquisitionen, unsinnige Expansion im In- und Ausland, völlige Überschätzung des Marktes für die eigenen Produkte und nicht zuletzt das Unvermögen von Vorständen ausgemacht.

Diese Punkte erfülle zum Beispiel das ehemalige Vorzeigeunternehmen des Neuen Marktes, Intershop, das in der aktuellen Watchlist den fünften Rang belege, sagte Hocker. Die jährlichen Kursverluste (Performance) gibt die DWS mit 84,2 Prozent an. Die ersten drei und damit schlechtesten Ränge belegen die inzwischen in Insolvenz oder vor dem Insolvenzantrag stehenden Brokat (Bankensoftware), Kinowelt (Medien) und Micrologica.

Unternehmen aus den neuen Ländern und Berlin sind auf der Liste reichlich vertreten. Auf Platz 15 der Rangliste des Neuen Marktes liegt Lobster (Software/Wertvernichtung 78,2 Prozent pro Jahr), einen Rang besser schnitt Pixelpark (Wertvernichtung 79,5) ab. Nicht viel besser traf es die Berliner Standardwerte. Hinter Kaufring (Einzelhandel) und Plettac (Gerüstbau) liegt Herlitz auf Rang drei (Wertvernichtung 55,8 Prozent pro Jahr), der Entsorger Sero auf Rang vier (50,3). Die Aktien des Baudienstleisters MVS erreichten den neunten Rang (43,6), Berlin Hyp Rang elf (33,6) und die Bankgesellschaft Berlin liegt auf dem 18. Rang (minus 25,8 Prozent pro Jahr).

Die Probleme der Berliner Unternehmen ließen wenig Hoffnung aufkommen, so der Geschäftsführer des Berliner Landesverbandes der DSW, Malte Diesselhorst. Herlitz habe sich mit seinen großen Investitionen in Russland und Falkensee übernommen und könne jetzt - nach der Reduzierung auf das Kerngeschäft - die Lasten kaum tragen. Sero machte vor vier Jahren mit kriminellen Machenschaften der Vorstände Schlagzeilen. Jetzt ist das Grundkapital zur Hälfte aufgebraucht. MVS wurde ein Opfer der Baukonjunktur. Hier hat der Vorstand den Markt falsch eingeschätzt, so die DSW.

Positive Ausnahme war Schering. Das Unternehmen belegt den respektablen Rang 315. Hier konnten sich die Anleger über eine Performance von durchschnittlich plus 21 Prozent in Jahr freuen. Und auch die anderen Dax-Werte schnitten vergleichsweise gut ab. Schlechtester Wert in diesem Segment war die Commerzbank-Aktie. Sie landete mit einer jährlichen Performance von minus 2,3 Prozent auf Rang 93.

dr

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