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Wirtschaft: Neuer Markt peppt die Performance auf

DÜSSELDORF ."Warum gibt es eigentlich keinen Neuen-Markt- Fonds?

DÜSSELDORF ."Warum gibt es eigentlich keinen Neuen-Markt- Fonds? Für mich als Kleinanleger ist das Risiko zu hoch, aufs falsche Pferd zu setzen.Ein Fonds könnte mir die Risikostreuung abnehmen." Um Antworten auf die Frage aus dem Publikum, im Frühjahr bei einer Fondspräsentation gestellt, waren die anwesenden Fondsmanager nicht verlegen: Die Zahl der Neuen-Markt-Aktien sei zu gering, die Titel seien markteng, und überhaupt fehle es diesem Börsensegment an Liquidität.

Seitdem hat sich die Zahl der Titel am Neuen Markt (NM) auf fast 50 nahezu verdoppelt.Die liquidesten Fünf (LHS Group Inc., Mobilcom AG, Qiagen N.V., SCM Microsystems Inc., Singulus Technologies AG) werden auch über das elektronische Xetra-System gehandelt.Ihre Umsätze reichen an die von M-Dax-Werten heran.Ab 10.Oktober sollen alle NM-Titel zusätzlich über Xetra handelbar sein.

Sind die Argumente der Fondsmanager inzwischen überholt? Nicht ganz.Ende August betrug die Marktkapitalisierung am NM rund 24 Mrd.DM.Doch NM-Kenner wie Kurt Bürkin, Leiter des Aktiengeschäfts bei der DG Bank, bestätigen: Der Free-float, die Zahl der am Markt umlaufenden Aktien, beträgt lediglich ein Viertel davon, denn häufig besitzen die Firmengründer noch große Aktienpakete.

Deshalb fürchten Fondsmanager nach wie vor, daß sie in Krisensituationen auf ihren Paketen sitzenbleiben oder sie nur mit horrenden Preisabschlägen abgeben können.Der Xetra-Handel taugt bisher auch nicht als Liquiditätsstimulanz, denn er bringt kaum Umsatz.

Trotzdem reizt der Neue Markt - die Kreativen in der Produktentwicklung wie die Manager etablierter Fonds.Ein Blick auf die Entwicklung am deutschen Aktienmarkt zeigt, warum.Der Wert der Neuen-Markt-Aktien ist seit Mitte Januar, gemessen am seitdem berechneten NM-Index, um knapp 240 Prozent gestiegen, während der Dax 30 in der Krise auf sein Ausgangsniveau vom Jahresanfang zurückgefallen ist.NM-Fonds wären also wahre Performance-Renner geworden.Zwar wird es vorläufig keinen Fonds geben, der nur auf dem deutschen Neuen Markt anlegt.Aber die Union-Investment-Gesellschaft mbH "hofft", noch 1998 einen europäischen NM-Fonds präsentieren zu können.Der würde dann im NM, dem französischen Nouveau Marché, dem britischen Alternative Investment Market oder der europäischen Easdaq anlegen.

Über einen ähnlich gestrickten Fonds denkt auch die Hypo Capital Management Investmentgesellschaft mbH nach.Doch es gibt schon jetzt Alternativen: Fonds, die in größerem Stil Geld auf dem NM anlegen und damit ihre Performance aufpeppen.Den höchsten NM-Anteil (Stand per Ende August) hat der jüngste und kleinste Fonds in der Übersicht, der Gontard-IPO-Fonds UI.Gerhard A.Koning, Vorstand des Bankhauses Heinrich Gontard & Co.AG, wirbt mit einer Performance von 65 Prozent seit der Auflegung im März.Einen Titel zu kaufen, nur weil er im NM gehandelt wird, lehnt Koning allerdings - wie alle befragten Fondsmanager - ab: "Wir betreiben Stock-picking." Die einzelne Aktie ist also wichtiger als das Marktsegment.Deshalb hat er auch keine Obergrenze für NM-Titel, wiewohl er aber davon ausgeht, daß mit wachsendem Fondsvermögen der NM-Anteil in diesem Fonds fällt.

Andere Fondsmanager erwarten für ihre Fonds das Gegenteil."Das Segment gewinnt an Bedeutung, wenn die Unternehmen halten, was sie versprechen." Elisabeth Weisenhorn, Managerin des DWS Euroland Small Cap, spielt darauf an, daß nicht alle NM-Titel, die sich mit dem Etikett "Wachstumswert" schmücken, dieses zu Recht tragen.Dem 1,3 Mrd.DM schweren Fonds diene der NM "zur Renditeoptimierung", ergänzt Sprecher Peter Schmalbauch.Wie sich die Anteile am Fondsvermögen auf die 15 Einzeltitel verteilen, behält die DWS wegen der Marktenge mancher Aktien lieber für sich.

Vor allem großvolumige Fonds sehen einen geringen Free-float mit Skepsis.Für Anko Beldsnijder sind acht Prozent NM-Titel im ABN Amro German Equity Fund - 900 Mill.DM Fondsvolumen - deshalb auch genug.Der Fonds lege zu 80 bis 90 Prozent in deutschen Standardwerten an, sagt er.Dagegen betrachtet Peter Conzatti, der die Anlageentscheidungen für den SMH Small-Cap-Fonds (208 Mill.DM Fondsvolumen) trifft, den engen Markt gelassener.Seine Grundsätze - mindestens 50 Mill.DM Free-float, durchschnittliche Tagesumsätze nicht unter 100 000 DM - erfüllten drei Viertel der NM-Titel.Auch Credis-Manager Joseph Baumeler mag die Liquidität nicht kritisieren: "Verglichen mit Easdaq und Nouveau Marché ist sie am Neuen Markt viel besser."

Fast alle Fondsmanager betonen, sie seien an langfristigen Investments und weniger an Zeichnungsgewinnen interessiert.Das Bekenntnis fällt vielen leicht, etwa Alfred Maydorn, der den DAC-Fonds UI berät: "Wir waren bei Zeichnungen selten dabei." Da ist das Management des Gontard-IPO in einer glücklicheren Lage: Die Börseneinführungen, an denen das Bankhaus Gontard beteiligt war, seien ausnahmslos in den NM gegangen, sagt Koning.Kaum anzunehmen, daß der Gontard-IPO dabei leer ausging.Doch: "Von den Zeichnungsgewinnen wirklich profitieren können nur die Kleinen", sagt DIT-Manager Ingerl.Bei einem Fondsvolumen von 300 Mill.DM falle ein Zeichnungsgewinn von 100 000 DM bei der Performance-Berechnung kaum ins Gewicht.Wichtiger sei es, daß die Titel mit höherem Gewicht im Portefeuille gut liefen.

Zu eben jenen NM-Aktien mit Gewicht im Portefeuille vieler Fonds gehören - nach der nicht repräsentativen Umfrage - Aixtron AG, Kinowelt Medien AG, LHS, Mobilcom, Pfeiffer Vacuum Technology AG, Qiagen und Teldafax AG.

REINER REICHEL (HB)

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