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Wirtschaft: Neuer Markt: Technologie-Werte im freien Fall

Verluste von Technologiewerten haben am Freitag die US-Börsen nach unten gezogen. Der Dow Jones gab zum Auftakt um über zwei Prozent nach, die Nasdaq sackte um über drei Prozent ab.

Verluste von Technologiewerten haben am Freitag die US-Börsen nach unten gezogen. Der Dow Jones gab zum Auftakt um über zwei Prozent nach, die Nasdaq sackte um über drei Prozent ab. Nach neuen Gewinnwarnungen des US-Chipherstellers AMD und des Produzenten von Speichersystemen EMC standen die Zeichen am Neuen Markt zum Wochenausklang auf Sturm.

Der Nemax sackte zum Wochenschluss um fast sieben Prozent auf ein Rekordtief. Der Deutsche Aktienindex gab um über zwei Pozent nach. Gewinnwarnungen diverser Unternehmen hätten eine wahre Verkaufsflut ausgelöst, sagte Chef-Analyst Hartmut Höhn von der Hamburger Berenberg Bank. In ganz Europa gab es Technologie-Werte im Ausverkauf..

Die Anleger wurden zudem durch Gerüchte nervös gemacht, bei mehreren DAX-Werten wie Volkswagen und Münchener Rück stünde eine Korrektur der Ertragsprognose bevor. Es sei die Frage, wie zuverlässig die Gerüchte seien, sagte ein Händler einer Frankfurter Großbank. Beispielsweise habe die Rückversicherung diese umgehend dementiert. Die Aktien der Münchener Rück konnten daraufhin zulegen, während die Papiere von Volkswagen weiter absackten.

Die Stimmung der Anleger ist so schlecht, dass auch immer mehr Unternehmen ihren Börsengang aufschieben. Nicht einmal Neuemissionen aus der "Old Economy" wie die Fisch-Restaurant-Kette Nordsee oder auch der Holzmaschinen-Hersteller Lignum finden genügend Interesse. "Die Unternehmen können machen was sie wollen, es interessiert einfach niemand", sagt ein Händler. Noch vor einem Jahr gab es wegen der großen Nachfrage heftige Diskussionen um faire Zuteilungsverfahren am Neuen Markt. Im ersten Halbjahr 2001 gab es nur 18 Neuemissionen mit einem Emissionsvolumen von nur 2,35 Milliarden Euro. So schwach war das Neugeschäft an der Börse zuletzt vor drei Jahren. Nach heutiger Sicht dürften sich die Börsenneulinge im zweiten Halbjahr an zwei Händen abzählen lassen. Experten erwarten frühestens Anfang 2002 eine Wende. Eine frühere Besserung für das IPO-Geschäft ist nur dann in Sicht, wenn sich die Stimmung an der Börse bessert und vor allem der mittlerweile desaströse Ruf des Neuen Marktes sich bessert.

Mittlerweile warnen Experten schon davor, dass der Neue Markt in die Bedeutungslosigkeit abstürzen könnte und damit die Deutsche Börse AG und nicht zuletzt der gesamte Finanzplatz Deutschland beträchtlichen Schaden nimmt. Prinzipiell gelten Konzept und Struktur des Neuen Marktes als gut. Mittlerweile sind über 300 und davon auch etliche sehr gute Unternehmen gelistet, aber die Mehrzahl kommt einfach nicht auf die Beine, oft haben Vorstände durch katastrophales Management und eine ebensolche Informationspolitik die Anleger vergrault. Bei anderen Unternehmen wiederum ist die Pleite fast absehbar.

Nach Ansicht von Experten können nur verschärfte Regeln und vor allem höhere Strafen bei Verstößen - bislang sind sie auf 50 000 Mark begrenzt - die Unternehmen zu solider Arbeit anhalten. Dazu gehöre auch eine schlagkräftigere Aufsichtsbehörde und klare Vorschriften für die Informationspflichten der Unternehmen. Viele Experten schauen in die USA, wo Firmen, die falsch, unvollständig oder unrichtig informieren, mit viel massiveren Nachteilen zu kämpfen haben als hierzulande. Am Vorbild USA orientiert sich auch die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK). Sie fordert den Ausschluss von Billigaktien am Neuen Markt. Über 20 der 343 gelisteten notierten Werte notierten zuletzt unter einem Euro. "Es ist höchste Zeit, dass die Börse handelt", sagt Reinhild Keitel von der SdK.

ro

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