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Jürgen Herrmann. Seit Januar leitet der gebürtige Stuttgarter die Mercedes-Niederlassung in Berlin.

© Doris Spiekermann-Klaas

Neuer Mercedes-Chef in Berlin: Man kauft es ihm ab

Ein Schwabe an der Spree: Jürgen Herrmann ist seit Januar Berlins neuer Mercedes-Chef. Die Niederlassung ist Marktführer in Berlin - doch ein paar Baustellen sind noch offen.

Jürgen Herrmann legt einen Schritt zu. Zügig ist der Zwei-Meter- Mann Richtung Showroom unterwegs und lässt seine Besucher hinter sich. Der neue Direktor der Mercedes-Benz-Niederlassung Berlin, seit Januar im Amt, präsentiert das Allerheiligste: die S-Klasse- Lounge. In der obersten Etage des gläsernen Autopalastes am Salzufer werden die Luxuskunden empfangen. Hier schaut beim Kauf eines Mercedes niemand aufs Geld. Arm, aber sexy? In Berlin, glaubt Herrmann, geht mehr. „Sexy ist die Stadt immer noch“, sagt der gebürtige Stuttgarter. „Arm aber nicht mehr unbedingt – nicht überall.“ Deshalb soll hier oben, im „High-End-Bereich“ der Mercedes-Welt, alles noch ein bisschen feiner werden. Der Neue am Salzufer wittert Marktchancen.

So neu ist Herrmann gar nicht in Berlin. Von 2000 bis 2007 war er kaufmännischer Leiter der Niederlassung, der nach Umsatz und Absatz weltweit größten von Mercedes. Es schlossen sich zwei Jahre am Potsdamer Platz in der Geschäftsleitung des zentralen Mercedes-Benz-Vertriebs an. Von 2009 bis Ende 2013 leitete er dann die Niederlassung Rhein-Ruhr von Düsseldorf aus.

„Es ist sehr schön, wieder angekommen zu sein“, sagt der 54-Jährige. Einige der mehr als 1400 Mitarbeiter kennt er noch. Die anderen werden ihn kennenlernen. Mindestens einmal im Monat will Herrmann zufällig ausgewählte Mitarbeiter zu einem Frühstück einladen. 8.30 Uhr beim Chef, es soll hemdsärmelig zugehen, mit Kaffee, Schrippen und Aufschnitt. Die Frühstücksidee bringt Herrmann aus Düsseldorf mit. „Das hat sich bewährt, weil eine solche Runde eine gute Gelegenheit gibt, ehrlich und offen und unabhängig von Hierarchien zu sprechen.“ Nur ein einziges Frühstück sei in all den Jahren „schwierig“ gewesen, sagt er. Mit wem das war, sagt er nicht.

Hemdsärmelige Auftritte dürften für Herrmann – dunkler Anzug, Krawatte, Einstecktuch – aber wohl die Ausnahme bleiben. Darin ähnelt er Walter Müller, seinem Vorgänger, der im Januar nach fast 18 Jahren in den Ruhestand ging. Aber: „Wer erwartet, dass ich ein Abbild von Walter Müller bin, den muss ich enttäuschen“, sagt Herrmann. Viel gelernt habe er von Müller, auch, wie man sich durchsetzt – „jenseits der Lehrbuchweisheiten“. Und weil es so gut läuft in der Niederlassung, wie Herrmann sagt, muss nicht viel geändert werden. „Es wäre dumm, jetzt alles anders zu machen.“ Zahlen zum Geschäftsjahr 2013 verrät auch er noch nicht – so ist das bei Daimler geregelt. Nur so viel: Müllers letztes Geschäftsjahr sei „großartig“ gewesen. „Wir werden auch 2014 wachsen“, sagt Betriebswirt Herrmann. 2012 waren in Berlin 10 637 Mercedes neu zugelassen worden. Insgesamt 28 000 neue und gebrauchte Pkw und Lkw wurden abgesetzt.

Eine „Baustelle“ hat Herrmann übernommen: das Airportcenter in Schönefeld. 22 Millionen Euro hat der Konzern in der Annahme investiert, dass der Flughafen 2013 ans Netz geht. „Die Entscheidung war richtig“, sagt der Niederlassungsleiter. „Aber der Betrieb ist für eine ganz andere Auslastung angelegt.“ Mercedes liegt bei einem Drittel des Geschäfts, das man eigentlich im Airportcenter machen wollte. Schadenersatz? Diese Frage soll die Stuttgarter Zentrale beantworten.

Damit sich der Standort einstweilen auch ohne BER rechnet, musste eine Übergangslösung gefunden werden. Solange der Airport nicht läuft, verkauft Mercedes in Schönefeld nun junge Gebrauchtwagen. „Wir haben Platz und ein preissensibles Publikum, das aus Brandenburg kommt.“ Auch das Service-Geschäft für die Taxi-Betriebe wurde wieder an den alten Kreuzberger Standort verlegt.

„Evolutionär“, betont Herrmann, sollen die Veränderungen sein, mit denen er die Niederlassung wettbewerbsfähig halten will. Auch der Marktführer (14 Prozent) darf nicht nachlassen. „In der Hauptstadt werden alle versuchen, sich bestmöglich zu präsentieren – jede Marke, unsere auch.“ BMW baut für 80 Millionen Euro eine Niederlassung am Kaiserdamm, Audi hat am Ku’damm seine virtuelle Audi City eröffnet. Der Berliner Automarkt ist klein – aber er hat Strahlkraft.

Der Schwabe Herrmann, der vor seinem Studium eine Ausbildung zum Hotelkaufmann gemacht hat, liebt seine Marke. Das kauft man ihm ab. Privat bewegt er „an sonnigen Tagen“ ein 27 Jahre altes E-Klasse-Cabrio. Noch steht es bei einer Düsseldorfer Freundin in der Garage. Im April holt Jürgen Herrmann den Wagen nach Berlin.

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