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Wirtschaft: Neuer Streit um Postlohn

Tarifvertrag erfasst zu wenige Beschäftigte

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Eine Untersuchung der Bundesnetzagentur zur Mitarbeiter-Struktur in der Postbranche belastet den Streit von SPD und Union über die Einführung eines Mindestlohnes für Briefdienstleister. Hintergrund ist der gemeinsame Antrag der Post AG und der Gewerkschaft Verdi zur Aufnahme ihres jüngsten Tarifvertrages in das Entsendegesetz zum 1. Januar 2008. Gegen diesen Schritt, den die große Koalition im Sommer verabredet und den Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) nun vollziehen will, wehren sich die Wettbewerber der Post, aber auch die Union.

Wenige Tage vor dem Treffen der Koalitionsspitzen ist der Streit neu entflammt. Denn der Verdi-Mindestlohn- Tarifvertrag erfüllt laut Netzagentur nicht die Bedingungen für eine branchenverbindliche Lohnuntergrenze. Danach erfasst er nur zwischen 33 und 42 Prozent der Briefdienst-Beschäftigten. Wenn die vereinbarten Lohnuntergrenzen von 8,00 bis 9,80 Euro für die Branche verbindlich sein sollen, müssen sie jedoch für mehr als die Hälfte der Beschäftigten gelten, um das Kriterium der Allgemeinverbindlichkeit zu erfüllen. Die Union forderte am Mittwoch, den Tarifvertrag neu zu verhandeln. Bundesarbeitsminister Müntefering wies die Einschätzung der Netzagentur zurück und pochte auf Einhaltung der koalitionsinternen Vereinbarungen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) steht nach den Worten von Regierungssprecher Ulrich Wilhelm zu den in der Koalition getroffenen Vereinbarungen, sehe aber „noch Fragen“ offen.

Sieht man ins Kleingedruckte der Koalitionsvereinbarung aus dem Sommer zu diesem Thema, dann könnte sich der Streit um die Auslegung einer Formulierung ranken. Sie heißt sinngemäß, beide Partner „gehen davon aus“, dass die Tarifpartner einen Tarifvertrag vorlegen und der für mindestens die Hälfte der betroffenen Mitarbeiter gilt. Fraglich ist nun, wer die Deutungshoheit über den Begriff „Hälfte“ erringt. Müntefering hatte den Begriff Briefträger im Herbst mit „alle, die Briefe tragen“ umschrieben. Das würde aber auch etwa Fahradkuriere und regelmäßig Briefe transportierende Taxifahrer betreffen. Antje Sirleschtov

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