zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Neuer US-Medienriese setzt Branche unter Fusionsdruck

Der Zusammenschluss bringt Kirch und Bertelsmann in Zugzwang. Es gibt Expansionspläne für EuropaHenrik Mortsiefer Die am Dienstag angekündigte Fusion der US-Mediengiganten CBS und Viacom hat die Branche unter Zugzwang gesetzt.

Der Zusammenschluss bringt Kirch und Bertelsmann in Zugzwang. Es gibt Expansionspläne für EuropaHenrik Mortsiefer

Die am Dienstag angekündigte Fusion der US-Mediengiganten CBS und Viacom hat die Branche unter Zugzwang gesetzt. Der sich zum multimedialen Riesen formierende Konzern mit einem Umsatz von 21 Mrd. Dollar führt insbesondere den deutschen Konzernen - allen voran der Kirch-Gruppe und Bertelsmann - vor Augen, dass im Mediengeschäft der Zukunft nur noch eines zählt: Größe. Während die Fusionswelle durch die US-Medienlandschaft rollt, tut sich hierzulande vergleichsweise wenig. Auf einem der international bedeutendsten Medienmärkte machen vor allem kleine und mittelständische Firmen Schlagzeilen, die als Film-, Entertainment- und Merchandising-Unternehmen an die Börse drängen und mit Glamour und rasantem Wachstum das Interesse der Öffentlichkeit wecken. Die Großen der Branche halten sich bedeckt.

Gleichwohl wächst der Druck. Das Zauberwort heißt "vertikale Integration": Im globalen Verteilungskampf um Digital-, Pay-TV und Filmrechte setzen sich nur die Anbieter durch, die ihre Wertschöpfungsketten lückenlos ausbauen und - zusammen mit internationalen Partnern - Produkte anbieten, die keine Sprach- und Mentalitätsgrenzen kennen. Im Fernsehgeschäft zeichnet sich dabei ein Trend ab, der in den USA bereits Wirklichkeit geworden ist. Die TV-Giganten bilden "Senderfamilien", um die sich ein Netz von Zulieferern und Vermarktern legt. CBS und Viacom machen es vor: Nach der Fusion werden sie vom Programmlieferanten über flächendeckend ausstrahlende Sender bis zu den Verwertern der Senderechte das komplette Mediengeschäft abbilden - und Kapital daraus schlagen. Viacom produziert seine Filme in den Paramount-Studios, strahlt sie später in diversen Kabelnetzen des Landes aus und stellt sie schließlich in die Regale der Blockbuster-Videotheken.

Die das deutsche TV-Geschäft dominierenden Konzerne Kirch und Bertelsmann spinnen an vergleichbaren Netzen. Bei der Gründung von Senderfamilien, die von konzerneigenen Produktionsfirmen beliefert werden, hält sie bislang lediglich das Kartellrecht in Schach. Nach den Vorstellungen von Bertelsmann sollen RTL, RTL 2 und Super RTL künftig unter dem Konzerndach enger zusammenrücken. Im Fernseh-Reich des Axel Springer Verlages, das programmatisch vom Mehrheitsaktionär Leo Kirch gesteuert wird, nähern sich Sat 1, Kabel 1 und Pro Sieben an.

Von lückenloser Wertschöpfung kann dabei freilich bislang noch nicht die Rede sein. Zumal sich die Verwertungskette ständig in ein neues, unerschöpfliches Mediensegment verlängert, in dem die US-Konkurrenz wieder die Nase vorn hat: das Internet. Viacom-Partner CBS hat zum Beispiel in den vergangenen Monaten massiv in seine Internetbeteiligungen investiert. Die im Konzern befindlichen Betreiber von Fernseh- und Radiostationen sollen konsequent als führende Informationsanbieter im Netz aufgebaut werden. Medien- und Internettechnologie verschmelzen.

Bertelsmann hat diesen Markt bislang erfolgreich im 50 :50-Joint Venture mit America Online (AOL) beackert. Kirch bündelte die Film- und TV-Produktion, Programmlizenzen und den Sportrechtehandel Anfang des Jahres unter dem Dach der Kirch Media, die an die Börse gebracht werden soll. Am Mittwoch verstärkte der Filmhändler sein Online-Engagement nochmals. Geplant sei der Einstieg bei der Schweizer Softwarefirma Fantastic Corporation, teilte die Kirch Media GmbH mit. Kirch wolle gemeinsam mit Fantastic ein Gemeinschaftsunternehmen für Multimediaanwendungen bilden. Fantastic stellt Software für den schnellen Zugang ins weltweite Netz her.

Mit Argusaugen dürften Kirch und Bertelsmann nun beobachten, wohin Viacom/CBS in Zukunft seine Netze auswirft. Viacom-Chef Redstone ließ anlässlich einer Analystenkonferenz im Mai in London keine Zweifel daran aufkommen, daß sich der Medien-Riese auch in Europa breit machen wird. Der erfolgreiche Musiksender MTV gebe nur einen Vorgeschmack. Viacom, das nur ein Fünftel seines Umsatzes außerhalb der USA erwirtschaftet, werde in Europa den Programmbereich und seine Beteiligungen aufstocken, sagte Redstone. In den USA wachse der Konzern dramatisch. International explodiere er. © 1999

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false