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Wenig Autos, viel Technik. Die neuen Boutiquen von Audi. Foto: obs/Audi AG

© pa/obs/obs/Audi AG

Neues Konzept: Audi macht Autohäuser digital

Erst London, dann Berlin: Neue Showrooms in den Metropolen sollen junge Kunden locken. Vorbild ist auch der Erfolg der Apple-Stores.

In London kauft man seit kurzem einen Audi anders als sonst. Man geht shoppen. Zwischen Prada und Armani findet sich der solvente Brite in der Piccadilly Street in einer futuristischen Erlebniswelt der Automarke wieder. Audi-City nennt die VW-Tochter das neue Showroom-Konzept, in dem mehr digitale „Powerwalls“ und „Multitouchtables“ als Autos stehen. Für Audi ist das die Zukunft: „Der klassische Autohandel erreicht heute nicht mehr alle Kunden“, sagt Sven Schuwirth, Leiter für Marken und Vertriebsentwicklung bei Audi. Die Antwort ist die digitale Auto-Boutique.

20 Audi-City-Erlebniscenter will der Konzern bis 2015 aufbauen. Nach London und Dubai folgen in diesem Jahr Peking und Berlin. Audi steht wie der Rest der Branche vor einem Problem: Die Modellpalette wird immer größer, so dass man eigentlich auch immer größere Ausstellungsflächen braucht. Doch schon jetzt finden in den Metropolen immer weniger Kunden den Weg in das klassische Autohaus am Stadtrand.

In London versucht es Audi jetzt so: Die potenziellen Kunden stolpern eher zufällig beim Bummeln in den Shop und werden nicht von einem Verkäufer, sondern von einem Berater abgefangen. Wie beim Vorbild Apple führt der in Marke und Produkte ein. Um den Druck aus dem Erstkontakt zu nehmen, erhält der Berater ein Fixgehalt und keine Verkaufsprovisionen. Der Kunde kann auf Flachbildschirmen in der Modellpalette surfen und ein individuelles Wunschauto auf dem Tablet-Computer zusammenstellen. Der Geländewagen Q3 etwa mit seinen mehr als drei Millionen Ausstattungsvarianten lässt sich in Lebensgröße fahrend und interaktiv an die Wand werfen oder über Youtube und Facebook verschicken.

Das zieht: Durchschnittlich eine Stunde verweilen die Besucher in dem multimedialen Wunderland, hat Audi gemessen. Beißt der Kunde an, wird er eine Etage tiefer zu einem echten Verkäufer gelotst, der dann zum Beispiel eine Probefahrt anbietet. Die meisten verzichten aber nach der virtuellen Vorstellung darauf. „70 Prozent der Käufer in der Audi-City machen keine Probefahrt“, sagt Vertriebsprofi Schuwirth. Neun von zehn Kunden hätten zuvor auch noch nie einen Audi besessen. Und wenn sie einen kaufen, dann ist er überdurchschnittlich gut ausgestattet, versichert Schuwirth. Der Anteil der besonders teuren RS-Modelle sei überproportional. Das liegt natürlich an dem solventen Umfeld, in Sichtweite des Buckingham Palace.

Die Konkurrenz reagiert auf die virtuelle Offensive: Daimler und BMW haben wie Audi bereits Apps für Tablet-Computer entwickelt, die sowohl Kunden als auch Verkäufern die Möglichkeit geben, aus Millionen von Ausstattungen das Wunschauto zusammenzustellen. „Future Retail“ nennt BMW sein neues Vertriebskonzept, das Finanzvorstand Friedrich Eichiner kurz vor Weihnachten ankündigte. Ende 2013 will der Konzern die geplante Elektromarke „BMW i“ mit „völlig neuen, mehrkanaligen Vertriebskonzepten“ in den Markt bringen. Auch in den klassischen BMW-Autohäusern werde sich einiges ändern.

Audi wähnt sich schon einen Schritt weiter. Die Ingolstädter haben ihre gesamte Produktpalette komplett digital aufbereiten lassen und wollen die „Powerwalls“ und „Multitouchtables“ allen Händlern anbieten. Abgelegt sind die Daten auf 6000 neuen Servern, die seit November in Ingolstadt in Betrieb sind. Vor Ort horten die Shops ebenfalls gewaltige Datenmengen. Allein der Showroom in London hat 17 Terrabyte Daten auf seinen Festplatten. (HB)

Markus Fasse

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