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Wirtschaft: Neues Vergabegesetz für Berlin ist umstritten

Auch koalitionsintern gibt es Bedenken

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Berlin - Das Berliner Abgeordnetenhaus hat am Dienstagabend ein neues Vergabegesetz beschlossen. Demnach dürfen öffentliche Aufträge im Land Berlin nur noch an Unternehmen vergeben werden, die Tariflöhne zahlen – oder mindestens einen Stundenlohn von 7,50 Euro. CDU und FDP lehnen die Gesetzesnovelle ab, im Einklang mit den Unternehmensverbänden in Berlin-Brandenburg und der Industrie- und Handelskammer (IHK). Den Grünen wiederum gehen die neuen Regelungen nicht weit genug.

Selbst innerhalb der rot-roten Koalition ist das neue Gesetz umstritten. Kurzfristig nachgeschobene Änderungsvorschläge des Wirtschaftssenators Harald Wolf und der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus scheiterten aber am Widerstand der SPD-Spitze – obwohl auch sozialdemokratische Wirtschaftsexperten in der Fraktion mit dem nun vorliegenden Gesetz nicht zufrieden sind. Bei den koalitionsinternen Nachforderungen geht es um die Einrichtung einer unabhängigen Kontrollinstanz, um mittelstandsfreundliche Vergaben in kleinen Losen sowie die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Belange. Weil dies jetzt nicht berücksichtigt wird, kündigte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Frank Jahnke, bereits eine „eventuell weitere Gesetzesänderung“ oder die Nachbesserung per Rechtsverordnung an.

Die Grünen wollten die Vergabe öffentlicher Aufträge noch an zusätzliche Kriterien binden: an die Erfüllung der ILO- Kernarbeitsnormen (zum Beispiel Verbot der Kinderarbeit), die betriebliche Frauenförderung und die Garantie umweltschonender Produktionsverfahren und -materialien. Dieser Änderungsantrag wurde aber im Wirtschaftsausschuss des Landesparlaments abgelehnt. „Die Chance für ein rot-rot-grünes Vergabegesetz wurde vertan“, kritisierte die Grünen-Abgeordnete Lisa Paus.

CDU und FDP haben, wie die Unternehmensverbände und die IHK, massive rechtliche Bedenken gegen das neue Vergabegesetz. Hauptkritikpunkt: der Mindestlohn von 7,50 Euro, auch wenn die Tarifpartner in der jeweiligen Branche niedrigere Löhne vereinbart haben. Nach einem Urteil des Landesverwaltungsgerichts sei ein Mindestlohn per staatlicher Regelung rechtswidrig. Es sei daher damit zu rechnen, dass Unternehmen, die bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nicht zum Zuge kommen, klagen. Die Handwerkskammer hingegen unterstützt das neue Gesetz. Ulrich Zawatka-Gerlach

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