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Wirtschaft: Neustart nach der Wahl

Energiewirtschaft sieht die Energiewende erst am Anfang / Strom wird teurer.

Berlin - Besonders ermutigend ist das nicht, was Hildegard Müller zum Stand der Energiewende meint. „Verglichen mit einem Marathonlauf sind wir bei Kilometer drei“, sagte die Chefin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) am Montag in Berlin. Es sind also noch gut 39 Kilometer zu absolvieren, und das heißt für die Verbraucher vor allem auch – steigende Preise. Bereits zum 1. Januar steht die nächste Erhöhung der Umlage für die Erneuerbaren Energien an, von derzeit 5,3 Cent je Kilowattstunde auf einen Wert, der voraussichtlich zwischen sechs und sieben Cent liegt. Auf eine konkrete Ziffer wollte sich Müller nicht festlegen, aber ein Urteil scheute sie nicht. „Die Zahl, die da rauskommt, ist auch eine Konsequenz des politischen Scheiterns.“

Zwei Tage vor dem Jahreskongress des Verbandes, auf dem unter anderen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Herausforderer Peer Steinbrück (SPD) auftreten, zog Müller eine Bilanz der schwarz-gelben Energiepolitik seit 2010, indem sie „Tops und Flops“ auflistete. Auf der positiven Seite steht die Energiewende im April 2011, als die Regierung nach Fukushima auf die Ängste der Bürger reagiert habe und den Ausstieg aus der Kernenergie beschloss. Der Verband, der rund 1800 Unternehmen vertritt, habe das damals mitgetragen und stehe auch heute noch dazu, betonte Müller. Sie lobte ferner die Änderungen zur Erleichterung des überregionalen Netzausbaus, die Novelle des Kraft- Wärme-Kopplung-Gesetzes und die Haftungsregelung für Offshore-Windparks.

Die Flops werden angeführt von der mangelhaften Koordination von Bund und Ländern. Auf dem zweiten Platz steht die „Erforschung von Technologien in Deutschland“, konkret geht es um das Scheitern des Gesetzgebers bei der Regelung des Abscheidens und Speicherns von CO2 (CCS) sowie beim Fracking. „Die Politik hat sich von der öffentlichen Protestkultur regelrecht überrumpeln lassen.“ Müllers dritter Punkt betrifft das System der EEG-Förderung. Der Gesetzgeber habe „unzureichend“ auf den rasanten Preisverfall bei den Photovoltaikmodulen reagiert, also die Fördersätze zu spät und nicht genug gestutzt. In der Folge sei die Photovoltaikkapazität binnen drei Jahren „gigantisch“ auf 20 000 Megawatt gestiegen. „Dies hat immense Auswirkungen auf die Systemstabilität und die weitere Kostenentwicklung“, sagte Müller. Die Verbraucher merken das an der steigenden EEG-Umlage, die zuletzt zum 1. Januar von 3,6 Cent auf 5,3 Cent erhöht worden war.

Diese Umlage gleicht die Differenz aus zwischen den Preisen an der Strombörse und der garantierten Vergütung, die die Erzeuger von Ökostrom bekommen. Je mehr grüner Strom erzeugt wird und je stärker die Börsenpreise sinken, desto höher die Umlage. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) wollte die Umlage für 2014 festschreiben, konnte sich aber nicht durchsetzen. Am Donnerstag trifft sich Altmaier wieder mit seinen Länderkollegen. Müller erwartet nichts von dem Treffen und hofft auf ein „Bund-Länder-Konzept“ nach der Bundestagswahl im September. Dann sei die Zeit auch reif für eine Förderung der Gebäudesanierung und eine abgestimmte Haltung der Regierung zum Handel mit CO2-Zertifikaten. Das „alles dominierende Thema“ sei aber das Marktdesign, also das Zusammenspiel von konventioneller und erneuerbarer Energie. Alfons Frese

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