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Wirtschaft: Nicht alle wollen den neuen Riester

Versicherungen wehren sich gegen die Förderung, Bausparkassen freuen sich

Berlin - Die Begeisterung hält sich in Grenzen. Die neue Riester-Förderung, auf die sich die große Koalition am Dienstag geeinigt hat, stößt bei den klassischen Anbietern von Riester-Produkten, den Versicherungen und Investmentfonds, auf Ablehnung. Nur eine Branche frohlockt: die Bausparkassen. Sie wollen noch in diesem Jahr einen „Riester-Bausparvertrag“ anbieten, damit sich Haus- und Wohnungseigentümer die staatlichen Zulagen für dieses Jahr sichern können. „Die Bausparkassen wollen den Erfolg der Eigenheimrente“, sagte Alexander Nothaft, Sprecher des Verbandes der privaten Bausparkassen, dem Tagesspiegel. Dagegen sagen die Investmentfonds den Koalitionsplänen den Kampf an: „Wir kämpfen dafür, dass Wohn-Riester nicht kommt“, kündigte Andreas Fink, Sprecher des BVI (Bundesverband Investment und Asset Management) an.

Mit ihrer Koalitionsvereinbarung stellt Schwarz-Rot die bisherige Riester-Förderung auf den Kopf. Die Koalitionäre wollen neben Rentenversicherungen, Fonds und Banksparplänen einen neuen Förderweg, den so genannten „Wohn-Riester“ schaffen. Die staatlichen Zulagen sollen künftig auch für den Kauf oder den Bau einer Immobilie eingesetzt werden. Gefördert werden dann auch Bausparverträge oder Hypothekendarlehen. Bei den Baukrediten sollen die Zulagen für die Tilgung des Darlehens verwendet werden können. Bei den Bausparverträgen sollen sowohl die Anspar- als auch die Darlehensphase gefördert werden.

Eine vierköpfige Familie könnte so allein aus staatlichen Mitteln 676 Euro im Jahr aufbringen. Dabei entfallen 185 Euro auf jedes Kind. Die Zulage steigt auf 300 Euro, falls der Nachwuchs in diesem Jahr geboren wird.

Was Versicherer und Fondsgesellschaften stört: Künftig sollen auch bestehende Riester-Verträge zugunsten der Immobilien gemolken werden. Bereits angespartes Kapital soll komplett entnommen und in die Baufinanzierung gesteckt werden. Bisher ist das nur in Grenzen möglich. Außerdem muss das Geld nach heutiger Regelung später in den Riester-Vertrag zurückfließen. Künftig soll man hingegen die gesamte Sparsumme samt Zulagen auf Dauer in die Immobilienfinanzierung stecken dürfen, beim Versicherer oder der Fondsgesellschaft bleibt dann nur eine leere Hülle zurück – der Vertrag „ruht“.

Während der Versicherungsverband vor der damit verbundenen Bürokratie warnt, sehen die Investmentfonds durch „Wohn-Riester“ das gesamte Riester-System gefährdet. Hausbauer oder -käufer würden verführt, das Ersparte ins Wohneigentum zu stecken, warnt Stefan Seip, Hauptgeschäftsführer des BVI. Doch im Alter sei dann nicht genug Geld da, um die sinkenden Renten aufzubessern, heißt es beim Verband.

An neuen „Wohn-Riester“ kompatiblen Produkten wird in der Investmentbranche daher derzeit nicht gearbeitet. Die Versicherer sind da offener. Obwohl auch sie das neue Konstrukt ablehnen, tüfteln sie bereits an Versicherungen, die sich mit der Eigenheimfinanzierung kombinieren lassen. „Wir spielen verschiedene Szenarien durch“, sagte der Sprecher der Allianz Lebensversicherung, Eckhard Marten, dem Tagesspiegel.

Dazu zählen „Wohnförderkonten“. Das sind fiktive Förderkonten, die in Wirklichkeit leer sind, weil das Geld in der Immobilie steckt, die aber geführt werden müssen, um auszurechnen, was die Riester-Rentner später an Steuern zu zahlen haben. „Das Förderverfahren wird immens verkompliziert“, heißt es beim Versicherungsverband GDV. Außerdem ist der Nutzen fraglich: „Nach 30 Jahre Riestern kommt man vielleicht auf 12 000 bis 13 000 Euro“, schätzt Marten. Im Rahmen einer Baufinanzierung lassen sich damit keine großen Sprünge machen.

Klar ist: Die neuen Produkte wird es noch in diesem Jahr geben. Das Gesetz soll bis zur parlamentarischen Sommerpause verabschiedet sein und rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres in Kraft treten. Wie der Tagesspiegel aus der SPD-Fraktion erfuhr, sollen alle neuen Angebote innerhalb einer bestimmten Spanne von der Finanzaufsicht Bafin zertifiziert werden, so dass sie gleichzeitig an den Markt kommen. Die privaten Bausparkassen wollen bereits im Spätsommer Angebote parat haben.

Die Hoffnungen der Investmentbranche, den „Wohn-Riester“ doch noch zu verhindern, dürften sich wohl nicht erfüllen. In der SPD rechnet man damit, dass sowohl Bundestag als auch Bundesrat das neue Gesetz zügig verabschieden werden. „Wir sind uns einig“, heißt es in der Fraktion. Heike Jahberg

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