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Gemeinsam voran. Im Wettbewerb um die besten Köpfe haben gefragte Kandidaten gute Chancen auf beziehungsfreundliche Angebote. Foto: ddp

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Wirtschaft: Nicht ohne meinen Partner

Bei vielen Akademiker-Paaren verzichtet weder die Frau noch der Mann auf eine Karriere. Deshalb helfen Personaler den Partnern neuer Mitarbeiter bei der Jobsuche

Für Christine Kurmeyer war es die Premiere. Ein Professor hatte einen Ruf an eine Berliner Hochschule erhalten, wollte ihn aber nur annehmen, wenn sich in Berlin auch ein Arbeitsplatz für seine Partnerin findet.

Und das ließ sich einrichten: „Wir konnten seine Frau dabei unterstützen, eine Stelle in der Region zu finden“, erzählt die Leiterin der Mitte Januar gegründeten Geschäftsstelle des Dual Career-Netzwerkes Berlin-Brandenburg.

Das Netzwerk ist Anlaufstelle für neu an Hochschulen berufene Professoren, deren Partner in der Region einen angemessenen Arbeitsplatz anstreben. Dafür sucht Kurmeyer nicht nur an den Hochschulen des Landes, sondern auch bei außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Unternehmen nach Einsatzstellen. Keine Universität und keine Metropolregion werde in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels in Zukunft auf diesen Karriereservice verzichten können, sagt sie. Das zeigt sich inzwischen auch bei den Berufungsverhandlungen: „Viele Wissenschaftler fragen nach Dual Career-Stellen für die Partnerin oder den Partner“, bestätigt sie.

Dass in vielen Akademiker-Beziehungen keiner der Partner auf eine Karriere verzichten und bei einem Standortwechsel des einen auch der andere weiter arbeiten möchte, ist nicht neu. Doch weil Spitzenkräfte international so begehrt sind, müssen sich Hochschulen und Unternehmen verstärkt ins Zeug legen, um die besten Köpfe für sich zu gewinnen.

Die USA sind da einen Schritt voraus. Dort ist es im Wissenschaftsbereich als auch in der freien Wirtschaft längst Teil der Personalstrategie, Top-Leute mit Stellenangeboten für deren Partner zu ködern. Hierzulande ist das aber zumindest in der Wirtschaft noch kaum üblich. „Das Thema wird in Deutschland bislang kaum wahrgenommen“, sagt Daniel Erler von der Firma „Familienservice“, die für Unternehmen Maßnahmen zur Work-Life-Balance von Beschäftigten entwickelt.

Auch bei Berliner Unternehmen spielt eine solche Strategie in der Personalpolitik bisher kaum eine Rolle. Beim Gesundheitsunternehmen Vivantes sagt Sprecher Torsten Böhmer: „Die fachliche Einigung ist Einstellungskriterium Nummer eins“. Bei internationalen Konzernen mit Sitz in Berlin wie Siemens oder Bayer Schering Pharma setzt man auf individuelle Lösungen: „Wenn entsprechende Bitten auf individueller Basis vorgetragen werden und das Qualifikationsprofil auf eine zu besetzende Stelle passt, versuchen wir durch Job-Vermittlung im eigenen Unternehmen oder durch Anfragen bei befreundeten Firmen Hilfestellung zu leisten“, sagt Bayer-Sprecherin Ulrike Schröder. Ein eigenes Programm für die Doppelkarrierepaare gibt es aber weder bei Bayer Schering oder der Unternehmensberatung Capgemini, noch bei Microsoft oder Siemens.

Aber natürlich wollen die Unternehmen ihren Mitarbeitern optimale Bedingungen bieten, um deren Familienleben mit den beruflichen Anforderungen unter einen Hut zu bringen. „Nur wenn die Work-Life-Balance unserer Beschäftigten in Ordnung ist, können wir von deren Höchstleistungen profitieren“, sagt Siemens-Sprecher Karlheinz Groebmair. Flexible Arbeitszeiten, betriebliche oder nahe zum Unternehmen gelegene Kindergärten oder zumindest die Hilfe bei der Suche nach geeigneten Schulen und Wohnungen gehören deshalb bei vielen Konzernen mittlerweile zum Standardangebot.

Mehr Initiative in Sachen Doppelkarrierepaare zeigen Unternehmen in anderen Regionen. In Nordhessen etwa hat die Gesellschaft Wirtschaftsförderung Region Kassel im vorigen Jahr ein Netzwerk aus 18 Unternehmen quer durch alle Branchen aus der Taufe gehoben, um Karrierepaare zu fördern. „Nimmt beispielsweise ein Ingenieur bei einem der Unternehmen ein Angebot an, schauen wir, ob bei den anderen 17 Unternehmen eine Stelle frei ist, die zum Profil der Partnerin passt“, sagt Thilo von Trott zu Solz, Geschäftsführer der Gesellschaft. Eine Jobgarantie gebe es zwar nicht, aber die Chance etwas zu finden, steige deutlich an. Auch der Autozulieferer Bosch in Stuttgart setzt auf ein Double Career-Couples-Programm. „Unsere Mitarbeiter wechseln lieber den Standort, wenn auch der Partner in der Region eine adäquate Position findet“, begründet das Sprecher Dirk Haushalter.

Weil sich das Dual Career-Modell bei Deutschlands Unternehmen noch nicht durchgesetzt hat, rät Karriereberater Uwe Schnierda Bewerbern allerdings zur Zurückhaltung und dazu, nicht gleich neben dem eigenen auch noch einen Job für die Partnerin einzufordern. „Im Anschreiben sollte man das nicht erwähnen“, sagt er. Auch im Gespräch sollten Bewerber für Führungspositionen die gewünschte Stelle für den Partner erst dann zur Sprache bringen, wenn man den potenziellen Arbeitgeber von den eigenen beruflichen Qualitäten überzeugt habe.

Bewusst machen sollten sich Doppelkarrierepaare laut Schnierda aber auch etwas anderes: Mancherorts witterten Kollegen Vetternwirtschaft, wenn die Frau eines Top-Managers plötzlich einen lukrativen Posten erhält und eigene Nachwuchskräfte nicht gefördert werden.

Dagegen würden nur transparente Personalentscheidungen helfen, die der fachlichen Qualifikation eines Bewerbers die Priorität geben, und eine entsprechende Unternehmenskultur, sagt Bosch-Sprecher Haushalter.

Das der Trend in der deutschen Wirtschaft bisher kaum angekommen ist, hat einen Grund: „Viele Unternehmen sind noch zögerlich, weil ihre Entscheider in alten Rollen aufgewachsen sind, wonach Frauen den Männern für deren berufliche Karriere den Rücken frei zu halten haben“, sagt Kathrin Mahler Walther, Mitglied des Vorstands der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft in Berlin. Doch in den Personalabteilungen nehme die Aufmerksamkeit für das Thema zu. „Personaler erfahren zunehmend, dass ihre jungen Führungskräfte ein Lebensmodell favorisieren, in dem beide Partner ihre Karriere fortsetzen. Das wird das Modell der Zukunft“, meint Mahler Walther.

Auch Christine Kurmeyer vom Dual Career Netzwerk der Berliner Hochschulen ist davon überzeugt. Sie will das Netzwerk ausbauen und den Beratungsservice auf Verwaltungsexperten und Nachwuchswissenschaftler ausdehnen. „Man muss den Jungforschern noch viel stärker entgegenkommen“, sagt sie.

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