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So fing es an. 1973 ließ Günter Mast, Präsident des heutigen Zweitligisten Eintracht Braunschweig, das Löwenemblem auf den Trikots durch das Hirschwappen des Likörherstellers Jägermeister austauschen. Foto: Imago

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Wirtschaft: Nie mehr oben ohne

Vor 38 Jahren kam das Trikot-Sponsoring in die Bundesliga. Heute nehmen die Vereine 100 Millionen ein

Berlin - Es gab Zeiten, in denen ein Fußballer nichts als das Logo seines Vereins auf der stolzen Brust trug. Bis 1973. Da ließ Günter Mast, damals Präsident des heutigen Zweitligisten Eintracht Braunschweig, das Löwenemblem auf den Trikots durch das Hirschwappen des Likörherstellers Jägermeister austauschen. Für den Tabubruch kassierte er rund 300 000 D-Mark und erfand nebenbei das Trikotsponsoring.

Was damals noch als Sündenfall galt, ist heute elementarer Bestandteil des Fußballgeschäftes. Mehr als 500 Millionen Euro kassierte die Bundesliga allein in der Saison 2009/2010 für Werbung, gut 100 Millionen davon für Aufdrucke auf den Spielertrikots. Fünf Millionen Euro für ein Trikotsponsoring ist mittlerweile Normalität in der ersten Liga.

Rekordmeister Bayern München kassiert von der Deutschen Telekom sogar bis zu 25 Millionen Euro inklusive Prämien. Viele starke Teams, die um die Meisterschaft mitspielen und eine stets hohe Medienpräsenz haben, seien der Grund für die hohen Werbeerlöse – die höchsten aller europäischen Fußballligen, meint die DFL. Noch zu Beginn der 90er Jahre lag der Erlös für einen Schriftzug auf den Trikots meist unter einer Million D-Mark.

Alle Vereine der 1. Liga sind bereits ausgestattet für den Start in die kommende Saison am 5. August. Alle, bis auf Vize-Meister Bayer Leverkusen. Bayer hatte sich vor Jahren langfristig an den rheinländischen Billig-Energieanbieter Teldafax gebunden, der vor einigen Wochen aber Insolvenz anmelden musste. Der Vertrag wurde gekündigt und die Spieler rund um Michael Ballack laufen derzeit mit dem Schriftzug „Werkself“ über den Platz. Jetzt sucht Leverkusen per Anzeige in Zeitungen und Zeitschriften europaweit einen neuen Vertragspartner. Es könnte sogar zum ersten Mal in der Bundesligageschichte zwei Hauptsponsoren geben, da ein möglicher Interessent wählen kann, ob er in allen Wettbewerben oder nur in der Liga oder nur in Champions League und Pokal auf dem Trikot der Spieler vertreten sein will. „Das ist ein Experiment, ich bin aber optimistisch, dass es funktionieren wird“, sagte Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser.

Trikotsponsoring ist die Königsdisziplin für Sportmanager. Die Wahl des Sponsoren kann noch wichtiger sein als die des neuen Mittelfeldspielers, obwohl es da auch um Millionen gehen kann. Es geht um Kommunikation mit Fans, Emotionen, Identifikation. Ein Trikotsponsor kann das Image eines Vereins über Jahre prägen. Manchmal liegt die Partnerschaft nahe, wie im Falle des VfL Wolfsburg und VW. Manchmal wird die Wahl des Sponsors zum Politikum: Als Schalke 04 vor gut vier Jahren den russischen Gasmonopolisten Gazprom vorstellte, sorgte dies zunächst für Irritationen.

Doch eine langfristig angelegte Verbindung zahlt sich irgendwann aus: Wie eine Studie der Kölner Sponsoringberatung Sport+Markt belegt, sind die Bayern-Sponsoren Telekom, VW und Gazprom die bekanntesten Geldgeber in der Bundesliga. Die Umfrage unter 1200 Personen ergab, dass fast die Hälfte der Befragten die drei Hauptsponsoren ihren jeweiligen Vereinen zuordnen konnten.

„Mehr als gut“ seien diese Zahlen für das Unternehmen, freut sich Burkhard Woelki, Marketingdirektor von Gazprom Germania. Der verschuldete Revierklub Schalke ist froh über den finanzstarken, russischen Partner. Aber was hat der Gazprom-Konzern, der bisher auf dem Privatkundenmarkt gar nicht aktiv ist, davon? „Es geht allein um Imagepflege, denn wir wollen als normales Unternehmen wahrgenommen werden. Deutschland ist ein wichtiger Zielmarkt“, stellt Woelki klar. Sollte Gazprom auch ins deutsche Endkundengeschäft einsteigen, wäre die Marke schon längst bekannt.

Überhaupt werben Vereine gern für Energie. Die Spieler des 1. FC Nürnberg laufen mit dem Schriftzug des französischen Atomkonzerns Areva über den Platz. Etwas zeitgemäßer tragen die des FSV Mainz 05 das Logo des Ökostromanbieters Entega. Und Hoffenheim, jene Mannschaft, die durch die privaten Milliarden des SAP-Gründers Dietmar Hopp groß wurde, wirbt nicht etwa für den Walldorfer Softwarekonzern, sondern künftig für Suntech, einen Hersteller von Solarmodulen – aus China. Auch das gab es bisher noch nicht.

Für Carsten Cramer, Vertriebsdirektor von Borussia Dortmund ist Nachhaltigkeit ein Modewort im Sponsoring. „Wenn Nachhaltigkeit proklamiert wird, um Geld zu verdienen, ist es keine Nachhaltigkeit. Es hat dann eher etwas mit Glaubwürdigkeit und Echtheit zu tun“, sagte er dem Fachmagazin Sponsors.

Einige Vereine versuchen also, von dem grundsätzlich positiven Image der erneuerbaren Energien zu profitieren und die Unternehmen wollen über die Vereine ihre Marke überhaupt erst bekannt machen beziehungsweise mit positiven Emotionen aufladen.

Auch Lokalpatriotismus kann Verein und Firma zusammenführen. Der Autokonzern VW würde wohl keinem anderen Verein außer dem VfL Wolfsburg bis zu 20 Millionen Euro im Jahr zahlen, wenn es nicht vor allem die eigenen Mitarbeiter des Stammwerkes wären, die auf den Stadionrängen Platz nehmen. Auch der 1.FC Kaiserslautern besitzt mit „Allgäuer Latschenkiefer“ einen lokalen, pfälzischen Unterstützer. Die Marke sitzt nicht, wie der Name vermuten lässt im Allgäu, sondern gehört zur „Dr. Theiss Naturwaren Gmbh“ in Homburg. Hier liegt sogar die Verbindung zum Sport nahe, denn die Produkte der Marke helfen bei Muskelverspannungen und Schweißfüßen.

Am besten funktioniert die Verbindung Sponsor und Verein vielleicht, wenn die Marke provoziert. Als der frühere Bundesligist FC Homburg in der Spielzeit 1987/88 für Kondome der „London Rubber Company“ warb, erregte er damit den Zorn des Deutschen Fußball Bundes (DFB). Der Werbeslogan musste mit einem schwarzen Balken zensiert werden, und der Ligaausschuss unter Gerhard Mayer-Vorfelder drohte mit Punktabzug. Erst das Landgericht in Frankfurt am Main klärte, dass diese Art des Sponsorings nicht gegen Sitte und Moral verstoße. Da kannte ganz Deutschland Homburg und die Rubber Company.

Was alles möglich ist, zeigt Zweitligist St. Pauli: In der Saison 1998/1999 finanzierte der Whiskeyhersteller Jack Daniels die Hamburger. Die Werbung für das Destillat förderte nicht gerade die Vorbildfunktion des Fußballsports. Das hinderte die Kiezkicker jedoch nicht daran, später auch für die Biermarke Astra zu werben. Seit der letzten Saison aber ist die ARD-Fernsehlotterie Hauptsponsor des Absteigers. Langweiliger geht’s kaum. Das zeigt: Selbst rebellische Vereine verlieren nicht zu viele Gedanken über die richtige Sponsorenwahl, sondern freuen sich einfach nur übers Geld.

Alexander Jansen

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