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Wirtschaft: Niedrigere Löhne für sichere Jobs

IG Metall bedauert Ausstieg aus dem Haustarif bei VW/Opel-Betriebsrat kündigt Zugeständnisse an

Hannover/Frankfurt am Main Die IG Metall hat nach der Tarifeinigung bei VW die Sicherung von 103000 Stellen in Westdeutschland als Schlüsselelement hervorgehoben. „Die Absicherung der Arbeitsplätze war uns einiges wert“, sagte IG-Metall-Verhandlungsführer Hartmut Meine am Donnerstag in Hannover. Das größte Zugeständnis sei dabei der Ausstieg aus dem Haustarifvertrag bei allen Neueinstellungen gewesen. In keinem anderen Tarifvertrag würden dem Betriebsrat aber so weitreichende Mitbestimmungsrechte über Produktion und Investitionen zugestanden, lobte Meine die Einigung. Damit würden die „ewig Gestrigen“ widerlegt, die die Mitbestimmung einschränken wollten.

Zugleich räumte er Zugeständnisse ein, die „sehr schwer gefallen“ seien. Die Beschäftigten verzichten 28 Monate auf Lohnerhöhungen und Neueinsteiger werden deutlich schlechter bezahlt. Meine bezifferte die Differenz zu den Entgelten der heute schon Beschäftigten für Neue auf mehr als zehn Prozent. Auch die Vier-Tage-Woche werde in dem neuen Vertrag nicht generell gelten. Vielmehr werde es einen Arbeitszeitkorridor zwischen 28,8 und 35 Stunden geben.

Den damit eingeleiteten Ausstieg aus dem Haustarifvertrag zu akzeptieren, sei für die Gewerkschaft schwierig gewesen und heftig diskutiert worden – auch weil der Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ damit verletzt werde. Aber in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit müsse Beschäftigungssicherung zunehmend in den Mittelpunkt der Anstrengungen rücken. Trotz des Verzichtes auf eine prozentuale Anhebung der Löhne wies Meine aber den Begriff einer Nullrunde zurück. Die vereinbarte Einmalzahlung von 1000 Euro im März 2005 bedeute für den Durchschnittsverdiener bei VW eine Lohnerhöhung von 1,35 Prozent.

In der Großen Tarifkommission hätten „nicht alle gejubelt“, berichtete Meine weiter. Er erwarte aber die Zustimmung des Gremiums am heutigen Freitag. Die IG Metall bekräftigte zugleich die Ansicht, dass die Situation bei VW nicht mit der bei Opel vergleichbar sei. Dort stünden die Gewerkschafter mit dem Rücken zur Wand. Auch damit es bei VW gar nicht erst so weit komme, seien „im Zeichen einer vorausschauenden Gewerkschafts- und Tarifpolitik“ Zugeständnisse notwendig gewesen. Dabei wurde bei der Garantie für die 103000 Arbeitsplätze zugleich auch eine Revisionsklausel vereinbart. Danach verpflichten sich VW und die Gewerkschaft, „bei wesentlichen Änderungen der Grundannahmen oder der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“ ein „Überprüfungsgespräch“ zu führen. Sollte dies scheitern und auch eine Schlichtungsstelle keine Einigung erzielen, kann der Vertrag gekündigt werden. Die Metaller erwarten, dass VW diese Klausel nur in Anspruch nehmen wird, „wenn der Himmel einstürzt“.

Mit Zugeständnissen bei Arbeitszeit und Löhnen wollen die Arbeitnehmer bei Opel Stellen retten. „Wenn die neue Mittelklasse nach Rüsselsheim kommt, sind wir bereit, das Arbeitszeitkorridor-Modell zu erweitern“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Klaus Franz am Donnerstag. Statt des bisherigen Zeitkorridors von 32 bis 38,75 Stunden schlägt der Betriebsrat 30 bis 40 Stunden pro Woche vor.

Laut „Bild-Zeitung“ sind die Arbeitnehmer ferner bereit, für die Opel-Werke Rüsselsheim, Bochum und Kaiserslautern über einen Abbau übertariflicher Einkommensbestandteile zu verhandeln und die Einkommen mehrere Jahre auf dem heutigen Stand einzufrieren. „Das Volumen hängt allerdings von den Zusagen des Managements zum Thema Beschäftigungssicherung ab“, zitiert die Zeitung Franz. Er befürworte zudem einen 24-Stunden-Betrieb am Band. „Derzeit ist nur Arbeit für zwei Schichten vorhanden. Langfristig brauchen wir wieder drei, sonst droht ein noch schärferer Arbeitsplatzabbau.“dpa/HB

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