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Wirtschaft: "Noch ist Zeit, das Kind in den Brutkasten zu legen"

Euro-Kritiker Hickel beim Treffpunkt Tagesspiegel / Expertenrunde zur Währungsunion gibt sich kritisch, aber zuversichtlich BERLIN (fbs).Einen besseren Termin hätte es nicht geben können: Just an dem Tag, an dem die Karlsruher Richter die Verfassungsbeschwerde der Eurogegner abschmetterten, lud der "Treffpunkt Tagesspiegel" zu seiner Euro-Expertenrunde.

Euro-Kritiker Hickel beim Treffpunkt Tagesspiegel / Expertenrunde zur Währungsunion gibt sich kritisch, aber zuversichtlich BERLIN (fbs).Einen besseren Termin hätte es nicht geben können: Just an dem Tag, an dem die Karlsruher Richter die Verfassungsbeschwerde der Eurogegner abschmetterten, lud der "Treffpunkt Tagesspiegel" zu seiner Euro-Expertenrunde."Die D-Mark wird 50 - Der Euro kommt" war das Thema am Donnerstag abend im Hotel Intercontinental.Im bis auf den letzten Platz besetzten Saal diskutierten die Gäste des Tagesspiegels dabei weniger die Frage, ob der Euro kommt - denn das ist mit der Entscheidung der Verfassungsrichter einmal mehr bestätigt worden -, sondern die Auswirkungen, die die Europäische Währungsunion auf die Bürger und die deutsche Wirtschaft hat. Es gehe vor allem darum, den Menschen die Angst vor dem Euro zu nehmen und ihre Sorgen abzubauen, die gerade im Hinblick auf die Alterssicherung bestünden, unterstrich Thomas Kurze, Vorstandsmitglied der Landesbank Berlin die Rolle der Banken im europäischen Einigungsprozess."Die Finanzmärkte bejahen den Euro", beruhigte Kurze die Zuhörer.Das zeigten die extrem niedrigen Zinsen in den Euro-Ländern und eine durchschnittliche Inflationsrate von 1,5 Prozent in Euroland. "Auch wenn das Fahrwasser vor uns unruhig bleibt", seien die Risiken doch geringer geworden, gab sich auch Tagesspiegel-Herausgeber Heik Afheldt zuversichtlich."Wir haben eine geradezu unwahrscheinliche Angleichung bei der Inflation", sagte Afheldt.Sogar frühere Weichwährungsländer wie etwa Frankreich stünden heute besser da, als der "Musterschüler Deutschland".Das zeige, daß die deutsche Stabilitätskultur erfolgreich exportiert worden sei.Die Wirtschaftdaten in den Euroländern wären jedoch nicht so identisch, wenn in den einzelnen Ländern nicht auch der Wille zur Konvergenz bestanden hätte, gab Tagesspiegel-Chefredakteur Gerd Appenzeller zu bedenken.Die Währungsunion sei so vor allem eine politische Entscheidung, betrieben von Helmut Kohl, um "den Kontinent über den Euro zusammenzubinden".Der Euro sei dabei kein Endpunkt, sondern nur ein Zwischenschritt. Diesen Schritt sollten die Unternehmen nutzen, riet Thomas Hertz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Berlin.Die Umstellung auf den Euro sei eine "Chance für einen Gesamtcheck der Betriebe".Er sehe das Konkurrenzproblem gerade für die kleineren Betriebe, doch glaube er an die "Leistungsfähigkeit des deutschen Mittelstands". Als prominenter Euro-Gegner im Podium fesselte besonders der Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel die Zuhörer.Der gebürtige Schwabe hatte zwar die Euro-Klage "nicht unterschrieben", da es seiner Ansicht nach "nur um ein Hegemonie-Problem der D-Mark geht".Das Projekt "Euro" sei jedoch sehr riskant, so Hickel, da es "schlecht vorbereitet" sei.Keiner wisse so genau, was nach dem 2.Mai, der Entscheidung über die Teilnehmer der dritten Stufe der Währungsunion, passiere.Mit seiner Kritik, der Euro sei eine "kränkelnde Frühgeburt", liege der SPD-Kanzlerkandidat Schröder demnach richtig.Für eine Verschiebung sei es nun zu spät, so Hickel, doch noch sei Zeit, "das Kind in den Brutkasten zu legen".

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