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Nokia Siemens Networks: Fehler in der Chefetage

Der Betriebsrat von Nokia Siemens Networks erhebt schwere Vorwürfe gegen das Management.

München - Geschichte wiederholt sich nicht, heißt es. Die Belegschaft des deutsch-finnischen Netzwerkausrüsters Nokia Siemens Networks (NSN) sieht das anders. Nachdem Nokia und Siemens vor drei Jahren ihre Netzwerksparten zusammenlegten, kam die erste Welle beim Jobabbau, 2008 folgte eine zweite und Anfang November verkündete die Unternehmenszentrale in Helsinki zum dritten Mal einen größeren Personalabbau. Der Betriebsrat hat sich mittlerweile sortiert und kündigt Widerstand an: „Wir können nicht jedes Jahr eine neue Abbauwelle zulassen, das wäre der Untergang“, stellte Betriebsratschef Georg Nassauer klar.

Gut 3000 Stellen sind hierzulande bei NSN unter Nokia-Führung schon gestrichen worden – 300 davon im zweitgrößten Standort in Berlin-Spandau. Dort sind noch 1500 Mitarbeiter beschäftigt. Jetzt sollen weltweit bis 2011 nochmals bis zu 5800 der 64 000 NSN-Stellen abgebaut werden, hatte der neue NSN-Chef Rajeev Suri angekündigt. Hochlohnstandorte wie Deutschland werde es besonders hart treffen, fürchten Betriebsräte und die IG Metall. Vor allem hausgemachte Fehler seien für die unendliche Misere verantwortlich. „Die Belegschaft hat ein besseres Management verdient“, wettert Nassauer. Zwar sei die Branche krisenbedingt unter Druck. Um vier Prozent schrumpfen 2009 die Umsätze industrieweit, aber um ein sattes Fünftel bei NSN auf nach neun Monaten knapp neun Milliarden Euro. Der Konzern ist hinter dem chinesischen Aufsteiger Huawei weltweit auf Rang drei der großen Netzwerkausrüster zurückgefallen.

Bei Gründung von NSN hatte der damalige Chef Simon Beresford-Wylie noch die entgegengesetzte Richtung vorgegeben. NSN werde zum „unbestrittenen Champion der Branche aufsteigen“, zur Nummer eins vor Ericsson aus Schweden. Seither verlor das Unternehmen massiv Marktanteile. Beresford-Wylie wurde jetzt durch Suri ersetzt, die Abbaustrategie aber geht ungebremst weiter. Um preislich mithalten und wieder wachsen zu können, müssten die Kosten noch mal um eine halbe Milliarde Euro gesenkt werden, sagt eine NSN-Sprecherin. Man habe in der Vergangenheit Fehler gemacht, gesteht sie ein. Nun blicke man aber nach vorn.

Nassauer benennt die Fehler. Als 2008 der Markt auf Talfahrt ging, gaben NSN- Manager die Parole „Gewinn vor Umsatz“ aus. Viel Geschäft habe NSN anderen überlassen, Marktanteile verloren, Kapazitäten nicht ausgelastet und als Folge Verluste eingefahren. 150 Millionen Euro betrage das operative Minus nach neun Monaten. In der extrem aggressiven und schnelllebigen Branche seien aber Wachstum und Größe die einzig erfolgversprechende Strategie.

Managementfehler seien nicht der einzige Grund, warum die chinesischen Konzerne Huawei und ZTE der NSN den Rang ablaufen, sagt Nassauer. So habe Huawei gerade 20 Milliarden Dollar Staatskredit erhalten, weil China die Branche als politisch ansieht und massiv fördert. Denn Netzwerkausrüster statten Telekom-Konzerne längst nicht mehr nur mit Soft- und Hardware aus. Sie betreiben auch deren Netze, kontrollieren also Datenverkehr und das Internet. Dieses Servicegeschäft macht auch bei NSN heute fast die Hälfte aller Umsätze aus.

Nassauer hofft, dass NSN auch ohne Hilfe von außen die Wende gelingt. Technologisch sei man mit an der Spitze. Groß sei der Aufholbedarf im Marketing, das nun auch das neue Management stärken will. Bei erneutem Stellenabbau wäre NSN aber wieder für viele Monate mit sich selbst beschäftigt und die Konkurrenz zöge noch weiter davon, fürchtet er. NSN-Chef Suri empfiehlt er, in Deutschland endlich verstärkt Kurzarbeit zu nutzen, bis der Markt wieder anspringt und die eigene Wachstumsstrategie greift.

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