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Jerome Powell, Chef der US-Notenbank Fed.

© Alex Brandon/AP/dpa

Notenbanker in Jackson Hole: Fed: Warum steigen die Löhne nicht endlich stärker?

Für US-Notenbanker ist es ein großes Rätsel, dass rekordniedrige Arbeitslosigkeit nicht die Lohnentwicklung antreibt – ab Freitag beraten sie in Jackson Hole.

Von Andreas Oswald

Es ist verflixt. Die US-Wirtschaft wächst um sensationelle 4,1 Prozent, die Arbeitslosigkeit ist sensationell auf unter vier Prozent gesunken und Aktiengesellschaften in den USA  melden Rekordgewinne. Trotzdem bleiben die Lohnerhöhungen in den USA niedrig. Wie kann es sein, dass rekordniedrige Arbeitslosigkeit nicht zu höheren Löhnen führt? Und zu höheren Preisen, wie sich das die Notenbanker wünschen?

Am kommenden Freitag und Samstag treffen sich bekannte Notenbanker zu ihrem jährlichen Treffen in Jackson Hole, Wyoming. In der malerischen Landschaft des Grant Teton Nationalparks beraten sie zwei Tage lang, warum sie ihre Ziele nicht erreichen. Zwar wird das Programm erst am Donnerstagabend zur Eröffnung mit Cocktails bekannt gegeben, aber bereits jetzt sickerten Einzelheiten durch.

Jerome Powell, Chef der US-Notenbank Fed, wird am Freitag morgen sprechen, Investoren warten gespannt darauf, was er zur weiteren Entwicklung der Leitzinsen und die Konsequenzen für die Schwellenländer sagen wird, schreibt die Wirtschaftsagentur Bloomberg.

Laut Reuters wollen die Notenbanker tief eintauchen in die Gründe für die trotzig niedrige Inflation, langsame Lohnsteigerungen und enttäuschende Produktivitätssteigerungen.

Die Notenbanker werden politischer

Die Kansas City Fed, eine der Regionalnotenbanken der Fed, teilte mit, dass ein Thema sei, ob die erhöhte Marktkonzentration in vielen Industrien ein Grund für magere Produktivitäts- und Lohnsteigerungen sei. So soll auch die These beraten werden, ob der zunehmende Online-Handel es für Firmen schwieriger mache, die Preise zu erhöhen.

US-Stundenlöhne stiegen im Juli nur um 2,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat.

Das Treffen in Jackson Hole scheint somit deutlich politischer zu werden, als in früheren Zeiten, als sich die Debatten auf die eigentlichen Aufgaben der Notenbanker beschränkten. Fragen wie die, ob die Marktmacht großer Konzerne einen negativen Effekt auf Wirtschaft und Löhne haben, wie dies in einer Veranstaltung erörtert werden soll, galten bisher nicht zu den Aufgabengebieten von Notenbanken.

"Fed up"

Ansätze waren schon im vergangenen Jahr zu erleben, als Demonstranten der Organisation „Fed up“, die gegen die Politik der Fed protestierten, überraschenderweise von Lael Brainard, einem führenden Mitglied der Fed in die Tagungshallen eingeladen wurden. Lael Brainard hörte aufmerksam zu. Die Protestierer von „Fed up“ haben durchaus einen Punkt. Sie wollen, dass die Fed ihre Leitzinserhöhungen stoppt, um den Aufschwung nicht zu gefährden, der ihrer Ansicht nach noch nicht ausreichend bei den unteren Einkommensgruppen angekommen ist. Es ist eine Ironie, dass die Forderungen der linken „Fed up“-Demonstranten auch eine Forderung von US-Präsident Donald Trump ist, der erst am Dienstag die Fed wegen ihrer Zinserhöhungen angegriffen hat.

Interessant ist, dass das, was gestern eine Forderung von Außenseitern war, diesmal zum offiziellen Thema der ganzen Veranstaltung wird. „Fed up“ selber wird diesmal nicht demonstrieren, sondern in einer Randveranstaltung ein eigenes Symposium starten.

Fische fangen

Der sinkende Anteil von Arbeitseinkommen am Gesamteinkommen „sollte Zentralbanker etwas angehen, hat ihr Tun doch eine Beziehung zu den strukturellen Änderungen der globalen Wirtschaft, einschließlich niedrigere Investitionsraten, langsame Produktivitäts- und Lohnsteigerungen und sinkende Dynamik“ zitiert die „Financial Times“ die Kansas City Fed.

Jackson Hole ist ein Tal in den Rocky Mountains, durch das sich der Snake River zieht. Es ist eine spektakuläre Landschaft mit Schutzgebieten für Hirsche und Ski-Resorts. Dass die jährliche Konferenz hier stattfindet, hat etwas damit zu tun, dass die veranstaltende Kansas City Fed 1982 ihre bis dato unbekannte Konferenz von Ökonomen und Technokraten bekannter machen wollte und deshalb den damaligen Fed-Chef Paul Volcker einlud. Der aber beliebte im August lieber Fische zu fangen. Da bekam der Veranstalter den Tipp, dass man in Jackson Hole wunderbar fischen kann. Volcker nahm die Einladung an, er soll begeistert geangelt haben und kam immer wieder. Seither gewann das Treffen eine immer größere Bedeutung für Notenbanker und Ökonomen.

Einen Beitrag des Autors, wie sich Anleger mit Rebalancing des Portfolios vor Crashs schützen können, finden Sie hier.

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