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Viel mehr Arbeit als in normalen Zeiten haben Paketzusteller, weshalb die DHL gerne am Sonntag ausliefern würde.

© imago images/Eibner

Notfallmaßnahmen in der Coronakrise: Samstags in die Schule, sonntags kommen Pakete

Sechs-Tage-Woche, Abwrackprämie, Steuergeschenke für Hoteliers. In der Corona-Krise mangelt es nicht an Ideen. Wie genau sehen sie aus?

Die schrittweise Öffnung der Schulen birgt viele Probleme. Klassen sollen bestenfalls nur von 15 Schülern besucht werden und zunächst nur die älteren Jahrgänge starten. Da die Lehrer sich nicht zerteilen können und der Unterricht wegen der notwendigen Abstandsregeln gestreckt werden muss, bringt die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU) Unterricht auch wieder am Sonnabend ins Gespräch.

Die schulische Sechs-Tage-Woche gab es bis zum Ende der DDR 1990 und in der Bundesrepublik flächendeckend bis 1972. In vielen Bundesländern gab es Ausnahmen, vor allem einige Privatschulen haben bis heute Samstagsunterricht. Erst 2018 schaffte in Berlin das evangelische Gymnasium zum Grauen Kloster in Wilmersdorf die Sechstagewoche ab – unter anderem weil sich die Anträge auf Befreiung vom Unterricht am Samstag gehäuft hatten und Lehrer auf zwei freie Tage gepocht hatten.

Lehrer hätten gerne ein Konzept

Um möglichst viele Schülerinnen und Schüler wieder beschulen zu können, wäre es denkbar, dass ein Unterricht auch „mal an einem Samstag stattfinden“ kann, sagte Prien im Deutschlandfunk. Es müsse zudem Sommerakademien geben, „die wir auch von staatlicher Seite mit organisieren, damit Schülerinnen und Schüler ihren Lernrückstand – der zwangsläufig ja entstehen wird – aufholen können“. 

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Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, hält nichts von der Rückkehr des Samstagsunterrichts: „Erst der Vorschlag mit den kürzeren Sommerferien, jetzt das, ich finde das zu kurz gegriffen“, sagte er dem Tagesspiegel. „Was wir brauchen, ist ein Gesamtkonzept.“ Dazu gehöre herauszufinden, wie viele Schüler durch fehlende Betreuung im „Home-Schooling“ abgehängt worden seien. Zudem müssten nun sämtliche Lehrpläne überprüft und festgelegt werden, welcher Stoff wiederholt werden müsse.

Sonntagszustellung von Paketen

Der Deutschen Post bereitet die Paketflut durch den stark gewachsenen Online-Handel erhebliche Probleme. Die Post-Tochter DHL verzeichnet Sendungsmengen wie vor Weihnachten. Täglich werden aktuell bis zu neun Millionen Pakete befördert. Sonst sind es laut DHL im Jahresdurchschnitt rund 5,2 Millionen Pakete pro Arbeitstag. Die Deutsche Post bemüht sich daher um Sondergenehmigungen für eine Sonntagszustellung.

„Es wäre hilfreich, wenn wir einen weiteren Tag bekommen könnten, um in der aktuellen Situation der Flut der Pakete Herr zu werden“, sagte der Betriebschef der Deutschen Post DHL, Thomas Schneider, der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“. Dafür hat das Unternehmen in Berlin bereits Anträge bei den Behörden gestellt und will dies nun auf weitere Bundesländer ausdehnen. Es gehe darum, in einer besonderen Situation den „Kollaps des Paketsystems zu vermeiden“, so Schneider.

Sieben Prozent Mehrwertsteuer im Restaurant?

Was nach der „Mövenpick-Steuer“ für Hotel-Übernachtungen jahrelang tabu war, fordern nun immer mehr Ministerpräsidenten: eine Ausweitung dieser branchenspezifischen Mehrwertsteuersenkung von 19 auf sieben Prozent. Dadurch soll das besonders betroffene Hotel- und Gaststättengewerbe wieder auf die Beine kommen. Dort wird es Lockerungen frühestens ab dem 4. Mai geben. Der dann erforderliche Gesundheitsschutz – Mindestabstand, Begrenzung der Zahl der Gäste, eingeschränkte Öffnungszeiten, Ausfall größerer Veranstaltungen – wird der Branche noch lange Umsatzeinbußen bescheren.

Irgendwann darf man wieder im Cafe oder Restaurant Essen und Trinken - vielleicht sogar zu einem reduzierten Mehrwertsteuersatz.
Irgendwann darf man wieder im Cafe oder Restaurant Essen und Trinken - vielleicht sogar zu einem reduzierten Mehrwertsteuersatz.

© imago images/Bildbyran

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) befürchtet die Pleite von einem Drittel der 223 000 Gastbetriebe mit 2,4 Millionen Beschäftigten und macht mit diesem Szenario Druck auf die Politik: Vom ersten Tag der Wiedereröffnung an wünscht sich der Verband eine Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes. Dies am besten dauerhaft und analog zu den Regeln im Abhol- und Liefergeschäft, bei dem nur sieben Prozent an den Staat abfließen. Die Politik – konkret Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) – haben Verständnis und Hilfsbereitschaft signalisiert. Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer fordert den Steuerrabatt. Gastronomen bräuchten dies als „Licht am Ende des Tunnels“, sagte er in der ARD-Sendung „Anne Will“.

Comeback der Abwrackprämie

Bis heute ist ihre Wirkung umstritten, nun fordert die notleidende Automobilindustrie eine neue Abwrackprämie, wie nach der Finanzkrise 2009. Um die abgestürzte Nachfrage anzukurbeln, wollen die Konzerne staatliche Prämien, mit denen zum Beispiel auch der Austausch alter Benziner und Dieselwagen gefördert werden soll. Volkswagen konkretisierte am Montag seine entsprechenden Vorschläge. 

Hintergründe zum Coronavirus:

„Die Produktion der Automobilindustrie kann nur hochfahren, wenn auch der Absatz der Fahrzeuge gesichert ist“, sagte VW-Kernmarkenchef Ralf Brandstätter. „Eine Idee wäre beispielsweise, dass sich die Höhe der Förderung an der Höhe des CO-Ausstoßes des jeweiligen Neufahrzeuges bemisst. Damit ließe sich der Austausch von alten Fahrzeugen mit Abgasnorm Euro-2 bis Euro-5 beschleunigen.“ Ähnlich hatte sich Daimler-Betriebsratschef Michael Brecht im Interview mit dem Tagesspiegel geäußert.

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Bisher waren nur Kaufprämien für klimafreundliche Modelle wie Elektro-Autos geplant. Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan kritisiert die Pläne scharf. „Deutschland braucht keine weitere Abwrackprämie, die veraltete Antriebe und Geschäftsmodelle am Leben halten will, sondern eine Aufbauprämie für saubere Mobilitätslösungen."

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Der Staat zahlt (fast) alles

Für Haushälter wie Eckhardt Rehberg (CDU) sind langsam rote Linien überschritten. „Wer soll das bezahlen?“, fragt der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Eckhardt Rehberg (CDU) in der „Passauer Neuen Presse“ mit Blick auf den Druck, das Kurzarbeitergeld zu erhöhen. Rund 750 000 Betriebe und Unternehmen haben es bereits beantragt – aber für Bedienstete des Gastgewerbes reicht es nicht. Sie leben in hohem Maße auch vom Trinkgeld. Seitdem sich der Koalitionsausschuss am 8. März auf eine großzügige Kurzarbeiterregelung inklusive der Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) verständigt hat, gibt es Streit um die Höhe des Kurzarbeitergeldes (KuG). 

Die Gewerkschaften klagen über eine Privilegierung der Arbeitgeber und haben mit begrenztem Erfolg versucht, in Tarifverträgen eine Aufstockung des KuG durch die Arbeitgeber zu erreichen. Die Bundesagentur zahlt 60 Prozent (beziehungsweise 67 Prozent für Eltern) des letzten Nettoeinkommens als KuG.

Mindest-Kurzarbeitergeld von 1200 Euro

Je länger die Kurzarbeit dauert, desto mehr geraten vor allem die Bezieher unterer Einkommen in Not. Der Arbeitgeberflügel der Union hat deshalb die Idee eines Mindest-KuG analog zum gesetzlichen Mindestlohn. Ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, der zu 100 Prozent in Kurzarbeit geht, würde demnach rund 1200 Euro netto bekommen. 

DGB und SPD wollen dagegen eine pauschale Erhöhung für alle KuG-Bezieher auf 80 Prozent – das wäre zwar viel teurer für die BA, aber rechtlich sauber. Denn die Arbeitslosenversicherung funktioniert nach dem Äquivalenzprinzip: Die Höhe der Lohnersatzleistung bemisst sich nach der Höhe des gezahlten Beitrags. Die Union verweigert sich noch einer Erhöhung, doch der Widerstand wird schwinden, wenn immer mehr Beschäftigte immer länger in Kurzarbeit sind.

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