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Rein oder raus? Wenn eine Immobilie mehrmals verkauft wird, kann es passieren, dass der Mieterschutz verloren geht. Foto: dpa

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Wirtschaft: Nur klare Regeln schützen die Mieter Eigenbedarfskündigung: Berliner Mieter führen einen vierjährigen Prozess gegen Kündigung

Karlsruhe - Mieter sind nur bei eindeutigen Regelungen in ihrem Mietvertrag vor Eigenbedarfskündigungen geschützt. Mündliche Absprachen oder Klauseln bei einem Hausverkauf, wonach der neue Käufer keine Eigenbedarfskündigungen aussprechen darf, sind dagegen nicht viel wert.

Karlsruhe - Mieter sind nur bei eindeutigen Regelungen in ihrem Mietvertrag vor Eigenbedarfskündigungen geschützt. Mündliche Absprachen oder Klauseln bei einem Hausverkauf, wonach der neue Käufer keine Eigenbedarfskündigungen aussprechen darf, sind dagegen nicht viel wert. Das macht ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe deutlich. Die Wohnungsgenossenschaft Degewo in Berlin hatte im Jahr 1998 Mietern eine Wohnung in einem Dreifamilienhaus vermietet. Im Vertrag stand die Formulierung, dass eine Kündigung durch die Vermieterin grundsätzlich ausgeschlossen wird, bei „wichtigen berechtigten Interessen der Vermieterin“ jedoch erlaubt ist. Acht Jahre später wurde das Haus verkauft. Die Genossenschaft nahm in den notariellen Kaufvertrag auf, dass der Käufer keine Kündigung wegen Eigenbedarfs aussprechen darf. Diese Mieterschutzbestimmung gelte auch für spätere Erwerber. Die Mieter fühlten sich dadurch sicher. Aber drei Jahre später wurde das Haus zum zweiten Mal verkauft, und zwar ohne die Schutzklausel. Solche Kettenverkäufe mit Wegfall des Mieterschutzes sind gar nicht so selten.

Der neue Eigentümer kündigte nun prompt wegen Eigenbedarfs. Zwei Wohnungen im Haus bewohnte er selbst – wobei er zwei der ursprünglichen Wohnungen zu einer zusammengelegt hatte. Die dritte Wohnung wolle er seiner Schwester überlassen. Als sich die Mieter gegen die Eigenbedarfskündigung wehrten, schob der neue Eigentümer eine zweite Kündigung nach: Da durch den Umbau ein Zweifamilienhaus entstanden sei und er selbst im Haus wohne, gelte das Sonderrecht. Laut Gesetz müsse der Vermieter bei einem Zweifamilienhaus überhaupt kein berechtigtes Interesse an der Wohnung nachweisen, auf den Eigenbedarf komme es also nicht mehr an.

Das Landgericht Berlin erklärte die Kündigung für rechtens. Bei einem Zweifamilienhaus gebe es keinen Kündigungsschutz. Das ursprüngliche Verbot von Eigenbedarfskündigungen im Kaufvertrag spielte keine Rolle mehr. Denn der Letztkäufer kannte diese frühere Bestimmung nicht und in seinem Kaufvertrag stand sie nicht. Die Mieter hatten es rechtlich aber mit den neuen Eigentümern zu tun.

Einziger Schutz war nun nur noch ihr Mietvertrag von 1998. In dem stand ja, dass eine Kündigung nur bei „wichtigem berechtigtem Interesse“ des Vermieters erlaubt ist. So sah es jetzt auch der BGH, der am Mittwoch über den Fall zu entscheiden hatte. Zwar haben die Mieter keinen ausdrücklichen Schutz gegen Eigenbedarfskündigungen. Aber der Mietvertrag garantiere ihnen, dass der Vermieter immer gewichtige Gründe für die Kündigung vorlegen muss. Dieser Mietvertrag binde jeden Käufer. Der neue Eigentümer kann sich also nicht auf das Sonderrecht bei Zweifamilienhäusern berufen. Der Fall wurde aber an das Landgericht zurückverwiesen. Denn die erste Kündigung, die Eigenbedarfskündigung, liegt noch immer auf dem Richtertisch. Hier muss jetzt entschieden werden, ob das Vermieterinteresse an Eigennutzung schwerer wiegt als das der Mieter (Az.: Bundesgerichtshof VIII ZR 57/13). Das Ehepaar könnte Glück im Unglück haben. Denn die Frau hat eine schwere Krankheit, sodass möglicherweise ein Härtefall vorliegt, der sie vor der Eigenbedarfskündigung schützt.

Mieter können sich auch nicht auf mündliche Zusagen des Vermieters verlassen. Im März dieses Jahres hatte der BGH eine Eigenbedarfskündigung für rechtens erklärt, obwohl den Mietern in Wolfenbüttel mündlich zugesagt worden war, dass kein Eigenbedarf geltend gemacht werde. Zwei Jahre später wurde aber der Enkel des Vermieters Vater und wollte nun mit seiner Frau einziehen. Obwohl der Mietvertrag erst drei Jahre alt war und die Mieter viel Geld in die Einrichtung des Hauses investiert hatten, lag laut BGH kein Härtegrund vor. Nur wenn die Mieter in Wolfenbüttel statt der mündlichen Zusage eine schriftliche Vereinbarung in ihren Vertrag aufgenommen hätten, wäre ihnen der Auszug erspart geblieben.

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