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Wirtschaft: Nur Meisterliches, kein Mittelmaß

Am Freitag öffnet in Maastricht die berühmte Antiquitätenmesse. Händler hoffen trotz Flaute auf gute Geschäfte

Die Aussteller der berühmtesten europäischen Antiquitätenmesse sind verunsichert. Werden sie auf der Maastrichter „Fine Art Fair“ (TEFAF), die am kommenden Freitag beginnt, ein gutes Geschäft machen? Die Aussteller haben allen Grund zur Sorge. Wer ist schon angesichts der unsicheren globalen Wirtschaftslage und des drohenden Irak- Kriegs bereit, 3,7 Millionen Euro für einen van Gogh auszugeben?

Dennoch sind die Erwartungen hoch. Trotz der schlechten Lage seien die Umsätze in den vergangenen zwölf Monaten besser gewesen als erwartet, sagen die Händler. Sie erwarten, dass die Sammler vorsichtiger und preisbewusster sein werden, aber trotzdem kaufen. „Wenn die Zukunft unsicher ist, sind Sammler sehr, sehr wählerisch“, sagt Ivo Bouwman, ein Händler aus Den Haag. „Sie suchen nach einem besonderen Stück. Wenn man ein wichtiges Werk hat, wird man es auch los. Alles Mittelmäßige oder Überteuerte wird liegen bleiben.“

Die TEFAF ist ein Stimmungsbarometer für den internationalen Antiquitäten- und Kunstmarkt. Rund 200 führende Händler aus 13 Ländern verkaufen vom 14. bis 23. März Kunstwerke an Privatsammler und Museen. Die Palette reicht von Gemälden, Zeichnungen und Drucken über Möbel, seltene Bücher, Schmuck, Stoffe und Silber bis zu klassischen Antiquitäten. Jedes Stück wird von einem Team von mehr als 130 internationalen Experten sorgfältig auf Echtheit, Qualität und Zustand überprüft. Dazu gehört auch der Blick in das „ Art Loss Register“, eine Datenbank zur Aufklärung von Kunst- und Antiquitätendiebstahl ( www.artloss.com ).

Der Den Haager Kunsthändler Bouwman will unter anderem ein Gemälde des Malers Jan Toorop (1858 - 1928) nach Maastricht bringen. Das Bild zeigt einen Bauern mit einem Spaten in der Hand, der gerade Pause macht. Der Händler verlangt dafür 650000 Euro. Das Bild habe die Museumsqualität, die von Käufern heute verlangt werde, sagt er. Die Preisspanne auf der Messe ist gewaltig. Sie fängt bei weniger als 1000 Euros an und reicht bis zu mehreren Millionen Euro für herausragende Werke. Die New Yorker Sander-O´Reilly-Galerie hat angekündigt, ein Terracotta-Modell von Gian Lorenzo Bernini (1598 - 1680) nach Maastricht zu bringen. Die barocke Skulptur soll 9,1 Millionen Euro kosten. Es handelt sich um eine von Bernini entworfenen Statue, die auf der berühmten Fontana del Moro (Mohrenbrunnen) an der römischen Piazza Navona steht. Die Galerie habe die Skulptur im vergangenen Juli bei Sotheby´s für 3,1 Millionen Euro ersteigert, sagt Andrew Butterfield von Sander-O´Reilly. Bei Nachforschungen habe die Galerie festgestellt, dass die Terracotta- Skulptur von Bernini sei.

Ein britischer Händler für antike Waffen und Rüstungen, Peter Finer, war erst kürzlich auf Antiquitätenmessen in den USA. Er war „überwältigt, wie viel wir dort trotz der Weltlage verkauft haben“. Finer hat unter anderem 200 Jahre alte japanische Tempelschwerter, deutsche Rüstungen aus dem 16. Jahrhundert und eine französische Schrotflinte aus dem 19. Jahrhundert verkauft. Mit seinen exotischen Waffen ist Finers Stand auf der TEFAF jedes Jahr ein beliebter Anlaufpunkt. Dieses Jahr will er Soldaten-Kettenhemden aus dem Mittelalter für 50000 Euro das Stück anbieten. Und einen mit Glocken und vergoldeten Widderhörnern verzierten Helm eines deutschen Hofnarren aus dem 16. Jahrhundert (Preis: 114 000 Euro).

Die Maastrichter Galerie Noortman glaubt, die globale wirtschaftliche Unsicherheit werde die Kaufstimmung der Sammler beeinflussen. Aber, so gibt Galerie-Mitarbeiter René de Jong zu Bedenken: „Wir hatten im vergangenen Jahr negative Auswirkungen vom 11. September befürchtet. Und es wurde für uns die beste Messe.“ Der Stand der Galerie Noortman ist direkt am Eingang der Messe. Ihre Meisterwerke ziehen jedes Jahr ganze Heerscharen an. Dieses Jahr wird es Vincent von Goghs Bild „Frauen flicken Netze auf Dünen in der Nähe von Den Haag“ (1882) sein. Der Preis: 3,5 Millionen Euro.

Wie man von einer niederländischen Messe erwarten kann, sind die Altmeister eine der Hauptattraktionen. „Messen spielen als Verkaufsort eine immer größere Rolle“, fügt der Münchner Galerist Konrad O. Bernheimer hinzu. „Messen sind Events und genau das wollen die Leute heute und von allen Messen ist Maastricht mit Abstand die wichtigste.“ Die Zahl potenzieller Kunden für Alte Meister sei gestiegen, sagt Bernheimer. Neue Sammler sind auf den Markt gekommen. „Das Durchschnittsalter unserer Kunden ist gesunken. Wir haben erstaunlich viele Kunden zwischen 30 und 45 Jahren“, sagt Bernheimer. Der Wert von Altmeistern bleibt in schwierigen Zeiten nicht nur erhalten, sondern steigt häufig. Was den Preis betrifft, hält der Baseler Antiquitätenhändler Jean-David Cahn die antike Welt für eine Sammler-Schatzgrube. „Es gibt so viele verschiedene Dinge. Und selbst mit einem bescheidenen Budget kann man eine Sammlung aufbauen.“

Übersetzt und gekürzt von Svenja Weidenfeld (Farmer), Karen Wientgen (Maastricht), Christian Frobenius (Polen), Matthias Petermann (Stalin) und Tina Specht (Fallstricke).

Margaret Studer

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