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Wirtschaft: Nur noch ein Sünder unter Sündern

Italien will beim Euro-Start dabei sein / Rom legt optimistischen Konvergenzbericht vorVON THOMAS GACK BRÜSSEL.Je größer nördlich der Alpen die Probleme werden, die Maastricht-Kriterien rechtzeitig und punktgenau zu erfüllen, desto größer wird in Italien die Zuversicht, die Qualifikation für den Euro-Start am 1.

Italien will beim Euro-Start dabei sein / Rom legt optimistischen Konvergenzbericht vorVON THOMAS GACK

BRÜSSEL.Je größer nördlich der Alpen die Probleme werden, die Maastricht-Kriterien rechtzeitig und punktgenau zu erfüllen, desto größer wird in Italien die Zuversicht, die Qualifikation für den Euro-Start am 1.Janur 1999 doch noch zu schaffen.Kann denn die Gemeinschaft, so fragt man sich in Rom, dem EWG-Gründungsmitglied Italien die Mitgliedschaft in der Währungsunion verweigern, wenn nicht einmal Deutschland den eigenen hohen Anforderungen gerecht wird? "Wir haben es fast geschafft", zog Italiens Finanzminister Ciampi vergangene Woche eine optimistische Bilanz und meinte damit die Qualifikation seines Landes für die EU-Währungsunion.Der Konvergenzbericht, den er am Montag in Brüssel seinen EU-Kollegen vorlegt, scheint seine gewagte, nördlich der Alpen vielfach bezweifelte Aussage zu bestätigen.Die Inflationsrate in Italien beträgt derzeit 1,5 Prozent und ist damit sogar niedriger als in Deutschland.Auch bei den Zinsraten erfüllt Italien die Maastrichter Kriterien.In den vergangenen Monaten hat sich die Lira zudem auf den Finanzmärkten gut gehalten ­ ein Ergebnis der relativen politischen Stabilität und der großen Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung. Tatsächlich scheint die Regierung in Rom einen Kurs zu steuern wie die Bonner Bundesregierung.Wie Bundesfinanzminister Waigel legt Finanzminister Ciampi in seinem Konvergenzbericht eine Prognose für die Staatsverschuldung für das entscheidende Jahr 1997 vor, die hart an der Maastricht-Grenze von 3 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) liegt.Da sich im Frühjahr nächsten Jahres die Entscheidung für den Teilnehmerkreis der Währungsunion auf die Zahlen des Jahres 1997 stützen wird, würden Italien wie Deutschland die Qualifikation für den Start Anfang 1999 schaffen ­ sollten sich die Prognosen als realistisch erweisen.Wirtschaftsinstitute und auch die EU rechnen allerdings damit, daß das italienische Defizit über der Euro-Schwelle liegt.Die Regierung in Rom läßt sich dadurch nicht beirren.In ihrem Bericht rechnet sie mit einer stetigen Fortsetzung der Konsolidierung, die von 2,8 Prozent des BIP im Jahr 1998 bis zu 2,4 Prozent im Jahr 1999 geht. Nicht leugnen kann Ciampi dagegen, daß der Schuldenstand weit über der Richtmarke von 60 Prozent des BIP liegt; 1997 wird er voraussichtlich 123 Prozent betragen.Doch auch hier geht der Trend, wie im Maastrichter Vertrag gefordert, in die richtige Richtung.1994 lagen die Gesamtschulden noch bei 125 Prozent.Im Jahr 2000 will Italien seine Altschulden durch konsequentes Sparen immerhin bis auf 116 Prozent gesenkt haben.In Brüssel vermerkt man mit Anerkennung, daß die italienische Regierung den Haushalt mit einer harten Ausgabensenkung konsolidiert und nicht mit Steuererhöhungen.In Deutschland beträgt der Schuldenstand zwar nur knapp die Hälfte der italienischen Altschulden.Er bewegt sich aber in die falsche Richtung.Erst im vergangenen Jahr ist er über die 60-Prozent-Grenze gestiegen und liegt im Entscheidungsjahr 1997 voraussichtlich bei 62 Prozent.Bonn kann deshalb allenfalls darauf hoffen, daß die EU-Partner die finanziellen Lasten der Vereinigung als ausreichenden Grund akzeptieren, von den Stabilitätsforderungen in diesem Jahr noch freigestellt zu werden. Um so mehr hoffen die Italiener, daß die Deutschen, die für sich selbst eine flexible Ausnahmeregelung des Vertrags in Anspruch nehmen müssen, auch bei der Beurteilung der italienischen Konvergenzerfolge nicht päpstlicher als der Papst sein werden.Zudem pflegen gerade die südlichen Bundesländer wie Bayern und Baden-Württemberg traditionell enge Handelsbeziehungen mit Italien.Ihre Exporte hätten unter einem Ausschluß des Partnerlandes und unter den Lira-Wechselkursschwankungen am meisten zu leiden.Gerade Deutschland, wo die Vorurteile gegenüber der italienischen Stabilitätskultur am größten sind, muß deshalb aus handelspolitischen Gründen großes Interesse daran haben, daß Italien von Anfang an der Währungsunion angehört.

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