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Detailarbeit. Dafür interessieren sich Senator Ulrich Nußbaum, parteilos, und IHK-Präsident Eric Schweitzer (rechts) beim Batteriehersteller BAE. Am Mittwoch besuchten sie mit SPD-Fraktionschef Raed Saleh mittelständische Unternehmen.

© Michael Brunner, IHK Berlin

Nußbaum auf Tour: Finanzsenator besucht Berliner Mittelstand

Wie wird gelötet? Während Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz urlaubt, erkundet Finanzsenator Ulrich Nußbaum mit SPD-Fraktionschef Saleh den Berliner Mittelstand.

Von Maris Hubschmid

Berlin - Eigentlich ist Ulrich Nußbaum unterwegs, um sich ein Bild davon zu machen, wie es dem Berliner Mittelstand so geht. Finden Firmen abseits der Kreativbranche genug geeignete Mitarbeiter? Fühlen sie sich ausreichend unterstützt? Erwägen sie, zu expandieren? Besonders aber scheint sich Berlins Finanzsenator über die Gelegenheit zu freuen, sich mit echten Kennern über technische Details zu unterhalten. Wie das genau abläuft, wenn die Batterien mit Säure gefüllt werden? Wie das Energiemanagement im Einzelhaus funktioniert? Und: „Kann ich das Löten noch mal sehen?“ Die Besuchergruppe kommt nur langsam voran an diesem Mittwoch auf dem Gelände des Industrie-Batterieherstellers BAE in Niederschöneweide.

Der Berliner Mittelstand, das sind 1,2 Millionen Mitarbeiter, circa 900 000 davon sozialversicherungspflichtig beschäftigt, in rund 160 000 Unternehmen, wenn man die kleinen dazuzählt. „Die haben einen Exportanteil von 50 Prozent“, sagt Raed Saleh, Fraktionsvorsitzender der Berliner SPD, der den Senator gemeinsam mit IHK-Präsident Eric Schweitzer auf seiner Erkundungstour begleitete. „Da kann man ganz zufrieden sein.“ Dabei schlägt den beiden Politikern keineswegs nur Zufriedenheit entgegen. Beim Batteriebauer, der vor allem stationäre Anlagen für Unternehmen wie Eon, BASF und Vattenfall, aber auch Notstromversorgung für Krankenhäuser fertigt und bei einem Umsatz von 28 Millionen Euro 165 Mitarbeiter beschäftigt, vermisst man mehr Unterstützung bei Investitionen in Forschung und Entwicklung. „Wir stehen schon lange in Verhandlung mit der DSK“, sagt der niederländische Inhaber Jan Ijspeert. DSK? Kennt Nußbaum nicht. Die Deutsche Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft verteilt Fördermittel auch im Auftrag des Landes Berlin, erfährt er. Die Gastgeber müssen erkennen: Da sind sie bei ihm an der falschen Adresse.

Die Behörden der Stadt arbeiten zu langsam, monieren die Unternehmer

Auch bei der zweiten Station der Delegation gibt es Kritik. „Ich liebe Berlin“, sagt Hüseyin Memis. Der ursprünglich sauerländische Strumpffabrikant Dameris GmbH, den er 2002 mit seinem Bruder übernommen hat, produziert in der Türkei und unterhält ein Lager in Berlin. Bislang kümmern sich darum 27 Mitarbeiter. Demnächst will Memis seine Unternehmenszentrale nach Berlin verlegen und das Europageschäft von hier abwickeln. „Wenn ich gewusst hätte, wie schwierig alles ist, wäre ich nicht hierher gegangen“, sagt er. Das Gelände, einst von Thyssen-Krupp genutzt, lag brach, als er kam. Zehn Millionen will er in die Sanierung investieren. Doch alle Gebäude stehen – obgleich sie unattraktiv und austauschbar wirken – unter Denkmalschutz. „Jeder Schritt zieht sich Monate hin, weil die Genehmigungen nicht kommen“, klagt der Inhaber. „Ob ich eine Einfahrt bauen oder den Parkplatz pflastern will, alles dauert.“ „Die Internationalität der Unternehmen unterstreicht die Attraktivität des Standorts“, sagt IHK-Präsident Schweitzer. „Sicherlich ist noch nicht alles perfekt.“ „Jeder Tag kostet Geld“, sagt Memis.

In seiner Ungeduld ist der Unternehmer, der seit dem 17. Lebensjahr in Deutschland ist, einmal mit einer Auswahl von Pflastersteinen im Kofferraum zum Amt gefahren und hat sie den zuständigen Beamten auf den Schreibtisch gelegt: „Suchen Sie sich welche aus, damit ich endlich anfangen kann.“ Aus Gründen der Denkmalerhaltung habe er die Variante nehmen müssen, die doppelt so teuer gewesen sei wie die anderen. „Die Steine hier? Die sehen doch aus wie alle anderen“, sagt Nußbaum. „Da haben Sie wohl schlecht verhandelt.“ Er lacht. Dann versinkt der Senator wieder ganz in Details. „Sie produzieren ja auch Übergrößen. Wie viel verkaufen Sie davon?“

Auch den Unternehmer der dritten Anlaufstelle können die Politiker heute nicht glücklich machen. Die letzte geplante Station in Buch fällt aus, zu sehr sind sie dem Zeitplan hinterher.

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