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Wirtschaft: OECD-Arbeitsmarktbericht: Hohe Löhne lähmen den Aufbau Ost

"Wenn sich der Arbeitsmarkt in den neuen Ländern in den nächsten Jahren nicht endlich erholt, muss man ernste Fragen zur gesamten Strategie stellen." Dies schloss John Martin, Experte der Organisation für wirtschafltiche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), aus dem diesjährigen OECD-Arbeitsmarktbericht.

"Wenn sich der Arbeitsmarkt in den neuen Ländern in den nächsten Jahren nicht endlich erholt, muss man ernste Fragen zur gesamten Strategie stellen." Dies schloss John Martin, Experte der Organisation für wirtschafltiche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), aus dem diesjährigen OECD-Arbeitsmarktbericht. Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland sei "enttäuschend", sagte er bei der Vorlage des Dossiers in Paris.

Seit Mitte der 80er Jahre haben sich in fast allen OECD-Ländern die regionalen Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt verfestigt. Ähnlich große regionale Diskrepanzen wie in Deutschland gibt es allerdings nur noch in Italien und in Belgien und Spanien, heißt es in dem Bericht. Dort wird auch festgestellt, dass sich zwischen West- und Ostdeutschland eine "bedeutende territoriale Kluft" aufgetan habe. Zur Überwindung dieser Kluft empfiehlt die OECD eine Steigerung der Arbeitsproduktivität, eine "Anpassung" der Löhne und eine größere Mobilität der Arbeitnehmer. Die relativ hohen Löhne und die großzügigen Beschäftigungsmaßnahmen seien kaum geeignet, den Gründergeist in den neuen Ländern zu fördern.

Erstmals spricht sich die OECD in ihrem Arbeitsmarktbericht für eine Subventionierung von gering qualifizierten Arbeitsplätzen aus. Die "Aufwertung der Arbeit" durch staatliche Lohnzuschüsse oder eine Senkung der Lohnnebenkosten habe sich in Ländern wie Australien, England, Frankreich oder den USA bewährt. Sie sollte allerdings mit einem Mindestlohn verbunden werden, um Lohndumping auszuschließen. Den größten Erfolg verspreche die Strategie der "Aufwertung der Arbeit" in Volkswirtschaften, die über große Ungleichheiten bei Löhnen und Gehältern verfügen.

Indirekt spricht sich die OECD zudem für eine Neuordnung der Arbeitsvermittlung aus. Statt die Arbeitslosigkeit bloß zu verwalten, sei es sinnvoller, die Arbeitslosen weiterzubilden. Zudem sollte Arbeitslosenhilfe an aktive Arbeitsplatzsuche und "verstärkte Kontrollen" gebunden werden. Jene europäischen Länder, die seit den 90er Jahren den größten Rückgang der Arbeitslosigkeit verzeichnen, hätten die Bedingungen zum Bezug von Arbeitslosenhilfe spürbar verschärft, heißt es in dem Bericht. Insgesamt sind die Aussichten für die Beschäftigung in den 29 OECD-Ländern positiv, betonte Martin. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote dürfte in diesem Jahr auf 6,3 Prozent und 2001 auf 6,1 Prozent fallen. Allerdings hinken die EU-Staaten mit 8,5 Prozent beziehungsweise 7,9 Prozent immer noch den USA hinterher. Deutschland schneidet bei der Arbeitslosenquote besser ab: Sie wird für das laufende Jahr auf 8,5 Prozent und für 2001 auf 7,7 Prozent geschätzt.

Beim Beschäftigungszuwachs und bei der erwerbstätigen Bevölkerung gehört Deutschland jedoch zu den Schlusslichtern der OECD. Während die Beschäftigung in den OECD-Staaten in diesem Jahr um 1,5 Prozent wächst, bleibt Deutschland mit 0,5 Prozent zurück. Nur Tschechien, Japan, Norwegen und Polen schneiden schlechter ab. Besonders ernst sieht es bei der Erwerbsbevölkerung aus: Deutschland ist das einzige OECD-Land, in dem die Zahl der Erwerbspersonen in diesem Jahr zurückgeht (um 0,1 Prozent), während sie im OECD-Durchschnitt um 1,1 Prozent zunimmt.

Nicht minder überraschend sind die Aussagen zum Dienstleistungssektor. Er hat sich in fast allen OECD-Staaten seit Mitte der 80er Jahre ausgeweitet und stellt in einigen Ländern bereits drei Viertel der Arbeitsplätze zur Verfügung. Doch die "New Economy" nimmt dabei nur einen verschwindend geringen Teil ein. Am schnellsten wuchsen die Unternehmens-Dienstleistungen und die sozialen Dienste. Die meisten Jobs hingegen wurden wiederum im Sozialsektor und in der Distribution geschaffen. Der erwartete Beschäftigungsboom in der "New Economy" komme "wesentlich langsamer" als vorausgesagt, stellte OECD-Experte Martin klar.

ebo

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