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© picture-alliance/dpa

Öffentliche Mittel: DIW-Affäre erreicht den Senat

Die Finanzaffäre beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung bekommt eine landespolitische Dimension. Politiker der Oppositionsparteien warfen am Mittwoch dem Senat vor, die Angelegenheit zu verharmlosen.

Berlin -  „Das ist ein Skandal, der nicht so einfach unter den Teppich zu kehren sein dürfte“, sagte Nicolas Zimmer, wissenschaftspolitischer Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus. Für Volker Ratzmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen, grenzt das Verhalten der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung „an bewusstes Vertuschen“. Bei der FDP hieß es, das Verhalten des Senats sei „nicht tragbar“. In der Affäre geht es um die nicht regelgerechte Verwendung öffentlicher Mittel durch das DIW. Der Berliner Rechnungshof wirft in einem Prüfbericht dem Institut vor, „regelmäßig“ diverse Bestimmungen und Vorschriften „missachtet“ zu haben. Ein Schaden für die öffentliche Hand sei durchaus möglich.

Adressat des Berichts vom 26. November ist die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung (SenBildWiss) als zuständige Aufsichtsbehörde. Dieser Funktion ist sie nach Einschätzung des Rechnungshofes jedoch nur begrenzt nachgekommen. Das DIW habe „jahrelang über seine Verhältnisse gelebt“, schreiben die Prüfer, was nur „mit Duldung der SenBildWiss“ möglich war. Das DIW bekommt ihm Jahr rund 13 Millionen Euro aus Steuermitteln – je zur Hälfte vom Bund und dem Land Berlin. Und diese sogenannten Zuwendungsgeber sind dazu verpflichtet, die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel zu überprüfen.

Im Fall des DIW hat die Senatsverwaltung im Jahr 2007 die Verwendungsnachweise für das Jahr 2004 geprüft. „Für die Jahre 2005 bis 2008 steht die Prüfung noch aus, obwohl die Prüfungen von der Senatsverwaltung zeitnah hätten durchgeführt werden müssen“, heißt es im Bericht des Rechnungshofes. Insgesamt haben die Prüfer ein „Beanstandungspotenzial von mehr als sieben Millionen Euro“ beim DIW ausfindig gemacht. Zu diesem Bericht des Rechnungshofes hat das DIW wiederum Anfang der Woche eine Stellungnahme beim SenBildWiss abgegeben. Bis zum 10. Februar muss nun der Senat auf die Befunde und Anschuldigungen des Rechnungshofes reagieren.

Die Oppositionsparteien wollen sich nicht bis dahin gedulden. „Der Senat sollte bereits vorher mit dem Leiter des Instituts Aufklärung leisten“, sagte Mirco Dragowski, wissenschaftspolitischer Sprecher der Berliner FDP, dem Tagesspiegel. Am nächsten Mittwoch werde man im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses die Vertreter der Senatsverwaltung um Informationen bitten. Grundsätzlich sei „bedauernswert, wie der Senat agiert“, meinte Dragowski. Dabei sei Berlin „darauf angewiesen, dass die Stadt im Bereich Forschung einen guten Ruf hat“. Deshalb sollte der Senat „über seinen bürokratischen Schatten springen“ und sich rasch zu den Vorwürfen äußern.

Für den CDU-Politiker Zimmer muss DIW-Präsident Klaus Zimmermann „auf jeden Fall seinen Hut nehmen, wenn die Vorwürfe persönlicher Verstrickungen zutreffen“. Im Bericht des Rechnungshofes ist von „fragwürdiger Verknüpfung“ die Rede. Das betrifft die diversen Jobs und Engagements von Zimmermann, der nicht nur Präsident des DIW ist, sondern unter anderem auch als Direktor des Bonner Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) und als Verwaltungsratsvorsitzender beim DIW DC in Washington fungiert. Besonders prekär sind die Beziehungen zwischen DIW und dem DIW DC – ein vom DIW völlig unabhängiges Institut nach amerikanischem Recht.

Nach Erkenntnissen der Rechnungsprüfer hat die Berliner DIW-Geschäftsführung Zimmermann darauf hingewiesen, dass der Zuwendungsgeber, also Bund und Land Berlin, Großaufträge an das DIW DC genehmigen müsse – Zimmermann habe das dementiert und abgelehnt. Alles in allem habe das DIW DC das Berliner Institut bislang rund 900 000 Euro gekostet – Geld des deutschen Steuerzahlers. Die Rechnungsprüfer resümieren Zimmermanns Rolle: „Der Präsident hat als Vorsitzender des Verwaltungsrats von DIW DC mit sich selbst einen Vertrag abgeschlossen.“

Grünen-Fraktionschef Ratzmann sprach in dem Zusammenhang von „einem Skandal erster Güte“ und „gutsherrlichen Verhaltensweisen des Institutsleiters“. Womöglich seien öffentliche Mittel „für die persönliche Reputation“ Zimmermanns ausgegeben worden.

Zimmermann kündigte unterdessen am Mittwoch die Bewerbung des DIW um die Gemeinschaftsdiagnose der Wirtschaftsforschungsinstitute an. Vor drei Jahren war das DIW von der prestigeträchtigen Gutachtertätigkeit ausgeschlossen worden. „Ich bin zuversichtlich, dass der Weg wissenschaftlicher Exzellenz am Ende zum Erfolg führt“, zeigte sich Zimmermann nun optimistisch.

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