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Öffentlicher Dienst: Bsirske will fünf Prozent

„Sozial ist, was Kaufkraft schafft“, sagt Frank Bsirske, Vorsitzender der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Für zwei Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst stehen Tarifverhandlungen an.

Berlin - 4,75 Milliarden Euro für zwei Millionen Beschäftigte – mit dieser Forderung gehen die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes in die anstehenden Tarifverhandlungen. „Sozial ist, was Kaufkraft schafft“, erläuterte Frank Bsirske, Vorsitzender der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, am Dienstag in Berlin die Tarifforderung. Die Verhandlungen für die Angestellten beim Bund und den Kommunen beginnen am 13. Januar. Die Arbeitgeber vermissten in einer ersten Reaktion „Augenmaß“. Thomas Böhle, Präsident der kommunalen Arbeitgeber, verwies auf die „größte Finanz- und Wirtschaftskrise, die wir je erleben mussten“. Die kommunalen Haushalte seien „extrem belastet“ und fünf Prozent mehr Gehalt würde allein die Kommunen 3,7 Milliarden Euro kosten. Wenn es dazu käme, seien „Personalabbau und die Einschränkung öffentlicher Dienstleistungen“ unumgänglich, sagte Böhle.

Bsirske stellte zusammen mit seinen Kollegen vom Beamtenbund, der Lehrergewerkschaft GEW und der Polizeigewerkschaft die Strategie der Arbeitnehmerseite vor. Neben dem Geld wollen die Gewerkschafter noch andere Punkte verhandeln: Eine neue Altersteilzeitregelung, die weitere Gültigkeit der sogenannten Bewährungsaufstiege, höhere Sondervergütungen für Krankenpflegepersonal sowie die Angleichung des ostdeutschen Tarifrechts an Westniveau.

Eine Untersuchung der DGB-eigenen Hans-Böckler-Stiftung stützte die Gewerkschaftsforderung. Danach sind die Tarifeinkommen im öffentlichen Dienst in den letzten zehn Jahren „deutlich langsamer“ gestiegen als in anderen Wirtschaftszweigen. Die Tarife im öffentlichen Dienst erhöhten sich in den alten Bundesländern zwischen 2000 und 2009 um 17 Prozent, in der Gesamtwirtschaft dagegen um 21,4 Prozent. In dem Zusammenhang wies Bsirske auch auf die „steigende Belastung für die Beschäftigten“ hin. In Krankenhäusern sei die Personaldecke inzwischen so dünn, dass Pfleger und Schwestern ständig aus ihren freien Tagen zurückgerufen würden.

Ilse Schaad von der GEW begründete die Höhe der Forderung mit der Wirtschaftskrise. „Der öffentliche Dienst muss der Motor werden, um in der Krise die Binnenkonjunktur zu stärken.“ Bsirske räumte immerhin einen Zusammenhang ein zwischen öffentlichen Haushalten und den Einkommen der Angestellten. „Wir wissen allerdings auch um die angespannte Finanzsituation von Bund und Kommunen“, sagte der Verdi-Vorsitzende. Bsirske hatte sich in den vergangenen Wochen bemüht, die Erwartungen in der Gewerkschaft nicht ins Utopische schießen zu lassen. Zum Teil gingen Forderungen in der Gewerkschaft noch deutlich über die nun beschlossenen fünf Prozent hinaus.

Mit ins Forderungspaket legten die Gewerkschaften auch eine „Differenzierungsklausel“, die Gewerkschaftsmitgliedern eine Art Tarifbonus bringt. Nach dem Willen von Bsirske sollen Verdi-Mitglieder künftig mehr Urlaub und Urlaubsgeld bekommen als Nichtmitglieder.

Die Arbeitgeber wiesen das zurück. Kommunenpräsident Böhle argumentierte überdies mit dem Schuldenstand. Kreditmarktschulden und Kassenkredite belasteten die Kommunen derzeit mit 112 Milliarden Euro. Die kommunalen Steuereinnahmen würden in diesem Jahr um zehn Prozent niedriger ausfallen als 2008. Für 2010 werde mit einem weiteren Minus um vier Prozent gerechnet.

Böhle sieht in den Tarifverhandlungen, für die es bereits drei Termine bis Mitte Februar gibt, „den Ausbau der leistungsorientierten Bezahlung als vorrangiges Ziel“. Den Einstieg in die mehr leistungsorientierte Vergütung hatten die Tarifparteien bereits vor einigen Jahren beschlossen, als die Bezahlung nach BAT durch den neuen TVÖD ersetzt wurde. Derzeit wird ein Prozent der Lohnsumme leistungsorientiert bezahlt, dieser Anteil soll auf acht Prozent steigen. Die Gewerkschaften dagegen wollen die Leistungszulagen am liebsten wieder abschaffen.

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