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Sebastian Dullien ist seit April 2019 Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK).

© Doris Spiekermann-Klaas

Ökonom zum Coronavirus: "Das erste Quartal wird extrem schwach"

Die Börsen stürzen ab, doch das ist kein Grund zur Panik, meint IMK-Direktor Sebastian Dullien.

Herr Dullien, erleben wir gerade einen „Lehman-Moment“, wie Ihr Kollege Felbermayr meint?
Ich bin da vorsichtig. Unsere Wachstumsprognose von 0,8 Prozent für Deutschland 2020 kann immer noch erreicht werden, wenn es bei nur einem schwachen Quartal bleibt.

Die Akteure an den Finanzmärkten sehen das offenbar anders, die Aktien sind im freien Fall.
Der Ansteckungsgefahr anderer Märkte aufgrund der fallenden Aktienkurse ist zwar da und verstärkt die Unsicherheit. Doch die Aktienmärkte sind nur ein Teil der Finanzmärkte. Gefährlicher für die Realwirtschaft wären jetzt hohe Risikoaufschläge, etwa bei italienischen Staatsanleihen. Davon ist derzeit aber noch nicht viel zu sehen.

Italien rutscht vermutlich in die Rezession.
Die Gefahr ist jedenfalls größer als in Deutschland. Die Anti-Krisenmaßnahmen kosten Geld, und wenn Verbraucher und Unternehmen weniger ausgeben, belastet das natürlich. Der Staat nimmt weniger ein, auch weil Touristen wegbleiben, sodass die Spielräume für Konjunkturprogramme klein sind.

Anders als in Deutschland. Doch würde es überhaupt Sinn machen, jetzt die öffentlichen Investitionen weiter hochzufahren, oder bleibt das Geld wegen der Engpässe in den Verwaltungen, auf dem Bau und im Handwerk nicht liegen?
Große Investitionsprogramm stabilisieren immer die Erwartungen und die Konjunktur. Zu den Engpässen: Die gibt es, sie sind aber kein unüberwindbares Hindernis: In den vergangenen Jahren hat die Bundesregierung die Investitionsmittel massiv angehoben, und 2019 sind die auch zu mehr als 98 Prozent abgeflossen.

Der US-Ökonom Nouriel Roubini sieht das Wachstum in China in diesem Jahr massiv zurückgehen. Wie heftig träfe das uns?
Das erste Quartal wird sicher extrem schwach sein. 2003 war das aufgrund der Sars-Krise und des Irak-Kriegs auch so, doch dann hat sich die chinesische Wirtschaft erholt und die Schwäche des ersten Quartals im Rest des Jahres zum großen Teil ausgeglichen. Das ist 2020 auch noch möglich.

Was ist mit den brüchigen Lieferketten?
Bislang gibt es hierzulande noch kein relevantes Unternehmen, das Kurzarbeit beantragt hat aufgrund fehlender Teile aus China. Und wenn ich als Verbraucher im ersten Quartal kein iphone kaufen kann, dann hole ich das in ein paar Monaten nach. Kurzum: Derzeit von einer Weltwirtschaftskrise zu sprechen, ist viel zu früh und trägt nur zur Unsicherheit bei.

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