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Wirtschaft: Ökonomen glauben Hartz nicht

Halbierung der Arbeitslosenzahl ist „sehr kühn“/Lothar Späth spricht von „Staatswirtschaft“

Berlin (asi/ce/fw). Die Vorschläge der Hartz-Kommission zur Reform des Arbeitsmarktes sind auf ein geteiltes Echo gestoßen. Während sie im Grundsatz von SPD-Politikern und Gewerkschaftsvertretern gelobt wurden, gab es Kritik von der Opposition und Ökonomen. Vor allem die Prognosen des Kommissionsvorsitzenden Peter Hartz, die Arbeitslosigkeit innerhalb der kommenden drei Jahre halbieren zu können, trafen auf Skepsis.

Wirtschaftsexperten glauben nicht, dass mit den Hartz-Reformen innerhalb von drei Jahren zwei Millionen Arbeitslose einen Job finden können. „Durch die Hartz-Vorschläge, die allein auf die Vermittlung abzielen, werden höchstens eine halbe Million Arbeitsplätze geschaffen werden“, sagte Klaus Zimmermann, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), dem Tagesspiegel. Auch Meinhard Miegel, Präsident des Bonner Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft, hält dieses Ziel für unrealistisch. „Ohne die ursprünglich geplanten pauschalen Leistungskürzungen für die Arbeitslosen wird dieses Ziel ganz bestimmt nicht erreicht werden“, sagte Miegel. Die Kürzungen seien ein zentrales Element des Konzepts gewesen. „Es wird jetzt nicht mehr gefordert, sondern nur noch gefördert“, sagte Miegel. „Die Leistungskürzungen wieder abzuschaffen, war ein schwerer Fehler“, meinte auch Zimmermann. Auch Jürgen Kromphardt, Mitglied des Sachverständigenrates der Bundesregierung, hält die zwei Millionen für „sehr kühn und hochgegriffen“.

Die Vorschläge seien ein Schritt in die richtige Richtung – am wirklichen Problem werde aber vorbeigearbeitet, kritisieren die Experten. „Die Hartz-Vorschläge sind ein statistischer Verschiebebahnhof“, sagt Thomas Straubhaar, Präsident des Hamburger Instituts für Wirtschaftsforschung (HWWA). „Die Instrumente wie der Job Floater ähneln staatlichen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Selbst bei der an sich guten Idee der Personal Service Agenturen (PSA) bleiben die Arbeitslosen letztendlich am staatlichen Tropf hängen.“ Auch DIW–Präsident Zimmermann kritisiert den Job Floater: „Die Subvention von Investitionen ist das falsche Konzept.“ Nicht der Geldmangel von Unternehmen in Ostdeutschland sei das Problem, sondern fehlende wirtschaftspolitische Anreize, Jobs im Dienstleistungssektor zu schaffen. Das meint auch Straubhaar: „Man muss die Lohnnebenkosten senken und den Kündigungsschutz lockern, um einen richtigen Niedriglohnsektor schaffen zu können.“

Der Schattenwirtschaftsminister der Union, Lothar Späth (CDU), sagte dem Tagesspiegel, seine Vermutungen hätten sich bestätigt. Dem Konsens mit den Gewerkschaften habe Hartz wesentliche Voraussetzungen zum Abbau der Arbeitslosigkeit geopfert. „Übrig geblieben ist Staatswirtschaft“. DGB-Chef Michael Sommer begrüßte die Hartz-Vorschläge. Der Bericht sei „kein Wahlgeschenk“, sondern ein „Auftrag für viel Arbeit". In dem Konzept liege die Chance für einen Aufbruch auf dem Arbeitsmarkt. Gleichwohl wollten die Gewerkschaften auch „konstruktive Kritik“ üben. Arbeitsminister Walter Riester (SPD) lobte das Konzept als ein „gutes Stück Zukunft“. Er räumte ein, die Vorschläge seien unter dem Druck verschiedener Interessengruppen entstanden. „Reformpolitik ist äußerst mühsam.“

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