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Ölpreis: Der Gaza-Faktor

Der Nahostkonflikt lässt den Ölpreis wieder steigen. Das ist auch an deutschen Tankstellen zu spüren.

Berlin - Manchmal können auch fast unbekannte Menschen Einfluss auf die großen Märkte der Welt nehmen. Der Iraner Mirfeisal Baghersadehden ist weder Minister noch leitet er ein wichtiges Unternehmen. Dafür hat er drei Sterne, die die Schulterklappen seiner Jacke zieren, und eine prägnante Forderung: Die arabische Welt sollte ihre Öllieferungen an die Unterstützer Israels reduzieren. Auf diese Weise könne auf die Freunde des „zionistischen Regimes“ in Europa und Amerika Druck ausgeübt werden. Mit diesen Worten zitierte die iranische Nachrichtenagentur Irna den General der Revolutionsgarden. Seine Äußerungen sind dafür mitverantwortlich, dass der Ölpreis wieder stark steigt.

Der Anlass für derartige Drohungen ist die Wut in der arabischen Welt über die Offensive der israelischen Streitkräfte gegen die radikalislamische Organisation Hamas im südlichen Autonomiegebiet der Palästinenser. „Der Konflikt im Gazastreifen hat die geopolitischen Risiken erhöht“, sagte Rohstoffanalyst David Moore von der Commonwealth Bank of Australia am Montag. Einige Händler nahmen an, dass Öl trotz aller konjunkturellen Risiken wieder etwas knapper werden könnte: Infolgedessen stieg der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent am Montag zeitweise auf knapp 50 Dollar. Das waren rund drei Dollar mehr als am Freitag und gut zehn Dollar mehr als Mitte Dezember, als Öl so billig war wie seit über vier Jahren nicht mehr. Vergangenen Sommer hatte ein Barrel noch 147 Dollar gekostet. Auch die Spritpreise in Deutschland, die am Tag vor Silvester ihren Tiefststand des Jahres erreicht hatten, sind jetzt wieder um mehrere Cent gestiegen (siehe Grafik).

Die Preise für Rohstoffe sind, anders als die für andere Güter, extrem abhängig von der weltpolitischen Großwetterlage. Besonders sensibel reagieren Händler beim Thema Öl, da der Rohstoff mehrfach von den Förderländern als Druckmittel genutzt wurde. Besonders dramatisch war es nach dem Jom-Kippur-Krieg im Jahre 1973: Als Truppen Ägyptens und Syriens auf von Israel besetzte Gebiete vordrangen, die Israelis die Armeen aber zurückschlagen konnten, drehten die islamischen Förderländer den westlichen Industriestaaten den Hahn ab. Der Preis für ein Barrel vervierfachte sich damals auf zwölf Dollar – das war der berühmte Ölpreisschock, der auch die in Deutschland schwächelnde Konjunktur belastete.

Kaum ein Experte rechnet damit, dass es jetzt ähnlich dramatisch wird. „Eine extreme Drosselung der Fördermenge können sich diese Staaten gar nicht leisten“, sagte Rainer Wiek vom Energie Informationsdienst EID in Hamburg. Zwar hat die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) auf ihren Treffen in den vergangenen Monaten mehrfach eine Fördermengenkürzung beschlossen – zuletzt drastisch um 4,2 Millionen Barrel am Tag. Das sollte den Preis stabilisieren. Jedoch stehen einige der zwölf Opec-Staaten, die gemeinsam rund 40 Prozent des weltweiten Öls fördern, im Verdacht, ihre eigenen Beschlüsse nicht umzusetzen, da sie die Einnahmen brauchen. „Der Preis ist weiter von der schlechten Konjunktur geprägt“, sagt Wiek vom EID. Rohstoffhändler gehen also weiter davon aus, dass die Industrie weniger produziert und daher auch weniger Öl braucht.

Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise kommt dem Iran, dem nach Saudi-Arabien zweitgrößten Ölförderland, der Einmarsch der Israelis in Gaza sogar gelegen. Die islamische Republik kann sich wirkungsvoll empören und profitiert unmittelbar von den Preisen, die weiter steigen dürften, so lange der Krieg andauert. Allerdings ist dieser Konflikt nicht die einzige Ursache für die kleine Wende an den Märkten. Händler nannten auch den Streit zwischen Russland und der Ukraine um Gas als Grund für den Preisanstieg beim Öl. Zwar teilten die größten deutschen Importeure russischen Gases am Montag mit, dass der bilaterale Konflikt sich bisher nicht auf die Lieferungen nach Deutschland ausgewirkt habe. Die Märkte erkennen aber wieder, dass Russland am langen Hebel sitzt. Deutschland bezieht übrigens auch den Großteil seines Öls aus Russland.

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