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Szene aus dem Tatort "Wer Wind erntet, sät Sturm".

© Radio Bremen/dpa

Offshore-Anlagen: Tatort Hochsee

Eon baut vor Helgoland einen Windpark ins Meer. Die Fundamente reichen 40 Meter tief.

Wind Nordwest fünf, in Böen sechs. Beim Anflug auf die Düne sehen wir in der Ferne das Ziel unserer Reise: 20 Seemeilen nördlich vor Deutschlands einziger Hochseeinsel erheben sich hunderte Windräder aus dem Meer. Auf den ersten Blick ungeordnet, faszinierend und verstörend zugleich. So sieht sie also aus, die schöne neue Welt der erneuerbaren Windenergie.

Der Energiekonzern Eon will an diesem Tag ein gutes Dutzend Journalisten über seinen Offshore-Windpark Amrumbank West informieren – Hintergrundgespräch nennt sich das. Und nein, versichert unsere Gastgeberin Silke Steen, dieser Termin habe nichts mit dem Tatort-Krimi vom vergangenen Sonntag zu tun, in dem von Windrädern geschredderte Seevögel und verendete Schweinswale eine gewisse Rolle spielten.

Amrumbank West bildet zusammen mit den benachbarten Feldern Nordsee Ost und Meerwind, die von RWE beziehungsweise der WindMW in Bremerhaven betrieben werden, das größte zusammenhängende Offshore-Windanlagengebiet in der deutschen Bucht. Die technischen Herausforderungen sind gewaltig.

Erhebliche Lärmentwicklung

Eon wird, wenn im Herbst die letzte der 80 Windturbinen ans Netz geht, eine Milliarde Euro in das Projekt investiert haben. „Offshore Wind ist eine noch junge Industrie“, sagt Projektmanager Dominik Schwegmann. „Aber wir lernen viel. Die Stromerzeugungskosten dürften auch aufgrund von Skaleneffekten in den nächsten Jahren um über 20 Prozent sinken.“ Fast 40 Prozent der Kosten verschlingen derzeit die Turbinen, 16 Prozent der Bau der Fundamente, während Handling und Logistik einen Anteil von 15 Prozent ausmachen. Das Umspannwerk mitten im Windfeld, das die Kabel der einzelnen Anlagen bündelt, den erzeugten Strom transformiert und an die Konverterstation des Netzbetreibers Tennett weitergibt, trägt mit fünf Prozent zu den Kosten bei.

Mit gelben Füßen, schlanken Türmen und riesigen Rotorblättern stehen die 80 Windräder in der Nordsee, die hier über 20 Meter tief ist. Zusammen können sie 288 Megawatt erzeugen und bis zu 300 000 Haushalte mit Strom versorgen. Die Nabenhöhe der 3,6-Megawatt-Turbinen liegt 90 Meter über der Wasseroberfläche, der Rotordurchmesser beträgt 120 Meter. Mit 150 Metern erreicht die Rotorspitze fast die Höhe des Kölner Doms. Die Fundamente reichen 40 Meter tief in den Meeresgrund.

Da beim Rammen der Monopiles erheblicher Lärm entsteht, der Auswirkungen insbesondere auf Schweinswale hat, die sich mit einem sensiblen Sonarsystem orientieren, hat Eon aufgrund von Auflagen des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) für über 30 Millionen Euro zusätzliche Schallschutzverfahren erprobt. Das Ergebnis bleibt dennoch unbefriedigend: Auch wenn mit 160 Dezibel die Grenzwerte eingehalten wurden, übertreffen die Schallemissionen einen startenden Jet (140 Dezibel) um ein Vielfaches.

Die Schweinswale kehren zurück

Allerdings kehren die Schweinswale nach dem Bau in das Revier zurück. Das bestätigt auch Peter Singer, Chef der Hafenprojektgesellschaft Helgoland. „In dem Areal innerhalb der 500-Meter-Sperrzone um die Windparks siedeln sich viele Fische an. Wir sichten dadurch auch wieder vermehrt Schweinswale.“ Während der ersten drei Betriebsjahre erfolgt zudem ein Umwelt-Monitoring.

Vor dem Rückflug drehen wir eine Runde über dem Baufeld. Auf einem Spezialschiff wird an einem Monopile gearbeitet. Über 100 000 Euro kostet die Schiffscharter – am Tag. Eon hat für sechs Jahre gechartert. Rechnet sich das? „Die Windräder sind auf eine Lebensdauer von 25 Jahren ausgelegt“, weiß Chefingenieur Sven Utermöhlen. Die Einspeisevergütungen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz werden ihren Teil dazu beitragen. Nicht zuletzt aber sei Offshore-Windkraft die verlässlichste erneuerbare Erzeugung in unseren Breiten. Utermöhlen belegt das mit Zahlen für die durchschnittlichen Volllaststunden im Jahr: Fotovoltaik 1000, Windenergie onshore 2500, Windenergie offshore 4000.

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