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Fünf Jahre nach der Eröffnung in Deutschland hat die Kuveyt Türk Bank die Vollbanklizenz erhalten.

© dpa

Ohne Zinsen: Islamische Bank eröffnet in Berlin

In Deutschland eröffnet die erste Islambank. Auch in Berlin macht sie eine Filiale auf. Nach dem Koran darf sie keine Zinsen kassieren.

Von Carla Neuhaus

Geld verleihen, Zinsen kassieren, auf steigende oder fallende Kurse setzen: Was für andere Banker zum täglichen Geschäft gehört, kommt für Ugurlu Soylu nicht infrage. Zwar ist auch er Banker – allerdings einer, der sich an die Regeln des Korans hält. Und die sind streng. Geschäfte mit Waffen, Alkohol, Glücksspiel oder Tabak sind verboten, Spekulationen am Finanzmarkt untersagt. Selbst Zinsen zu kassieren oder zu zahlen ist nicht erlaubt. Dabei ist es gerade der Zins, an dem die Banken hierzulande verdienen: Sie kassieren von ihren Kreditnehmern höhere Zinsen, als sie ihren Sparern zahlen.

Soylu will nun beweisen, dass es auch anders geht. Er ist der Generalbevollmächtigte der KT Bank, der ersten deutschen Islambank. Am kommenden Mittwoch nimmt sie ihren Betrieb auf – mit Filialen in Frankfurt am Main, Berlin und Mannheim. Schon bald soll es bundesweit zehn Zweigstellen geben. Aufmachen sollen sie voraussichtlich in Köln, Hamburg und München. In vielen weiteren Städten will Soylu Terminals aufstellen, an denen Kunden sich per Videoschalte beraten lassen und auch gleich ein Konto eröffnen können. „Wir sind Pioniere“, sagt er.

Weit verbreitet - außer in Deutschland

Dabei ist es eigentlich verwunderlich, dass es bislang keine Islambank mit Sitz in Deutschland gab. Schließlich leben hierzulande 4,5 Millionen Muslime. Allein in Berlin sind es 250 000. Wollten sie bisher ihr Geld bei einer islamkonformen Bank anlegen, mussten sie Kunde eines Instituts mit Sitz im Ausland werden.

Während das Islamic Banking in anderen Ländern – etwa in Großbritannien – bereits stark verbreitet ist, fristet es in Deutschland ein Nischendasein. Nur wenige Institute bieten Produkte wie islamkonforme Fonds oder Zertifikate an. Deshalb sagt Soylu: „Wir sehen die KT Bank als sinnvolle Ergänzung des deutschen Bankensystems.“

Immer wieder muss er erklären, wie sein Institut überhaupt wirtschaften kann – so ganz ohne Zins und Spekulation. Denn wie jede andere Geschäftsbank bietet auch die KT Bank Girokonten und Kredite an. Nur funktionieren sie anders.

Beteiligung statt Zinsen

Braucht ein Unternehmer zum Beispiel einen Kredit, um Rohstoffe zu bezahlen, würde eine klassische Bank ihm einfach das Geld leihen und dafür Zinsen kassieren. Der KT Bank ist das als Islaminstitut jedoch untersagt. Stattdessen kauft sie die Rohstoffe selbst ein und verkauft sie dann mit einem Aufschlag an den Unternehmer weiter, der den Betrag in Raten abbezahlt. Im besten Fall macht es für den Kunden am Ende rein rechnerisch gesehen keinen Unterschied, ob er einen Kredit bei einer klassischen Geschäftsbank aufnimmt und einen Zins zahlt oder ob er ein Tauschgeschäft mit einer Islambank eingeht.

Auf ähnliche Weise umgeht das Institut das Zinsverbot auch beim Sparen: Statt eines Kontos mit festem Zinssatz bietet die Bank ein sogenanntes Beteiligungskonto an. Die Gelder der Kunden fließen in einen Topf, aus dem das Institut sein Firmengeschäft finanziert. Dafür beteiligt die Bank die Kunden später an den Gewinnen. Das Risiko soll so auf möglichst viele Schultern verteilt werden – ebenso wie die Gewinne.

Zehn Jahre Arbeit bis zur Eröffnung

Verbraucherschützer sind diesem Modell gegenüber durchaus aufgeschlossen, wollen den Markt aber genau beobachten. Die Verbraucherzentrale Berlin will sich in den nächsten Monaten näher mit Islamic Banking beschäftigen. Schon jetzt hat sie Kunden dazu aufgerufen, ihr ihre Erfahrungen zu schildern. Noch sehen die Verbraucherschützer viel Aufklärungsbedarf. Verbraucher müssten zum Beispiel genau „über die positiven Aspekte und möglichen Risiken“ informiert werden. Außerdem sind in Deutschland bereits jetzt mehrere türkische Banken aktiv, die allerdings kein islamkonformes Geschäft betreiben. Auch das könnte unter den Verbrauchern Verwirrung auslösen. Soylu schreckt all das nicht.

Gut zehn Jahre hat der in Deutschland geborene Türke daran gearbeitet, hierzulande eine Islambank aufzubauen. In dieser Zeit musste er viel Überzeugungsarbeit leisten. Allein die Finanzaufsicht Bafin hat zweieinhalb Jahre gebraucht, um das Geschäftsmodell zu prüfen. Erst im März hat sie der KT Bank die Lizenz erteilt, hierzulande aktiv zu werden. Damit fällt das Institut nun auch unter die deutsche Einlagensicherung. Das heißt, im Fall einer Pleite sind die Ersparnisse pro Kunde bis zu einem Wert von 100 000 Euro geschützt.

Die Hoffnung ruht auf Berlin

Jetzt, wo diese entscheidende Hürde genommen ist, hat Soylu große Pläne. In drei bis vier Jahren soll das Institut auf eine Bilanzsumme im mittleren dreistelligen Millionenbereich kommen. Damit wäre die Bank bereits mit einer kleinen Sparkasse vergleichbar. Um das zu erreichen, will Soylu nicht nur Muslime für sein Institut als Kunden gewinnen – sondern auch Christen, Juden oder Atheisten. „Es geht uns darum, das Geld ethisch korrekt anzulegen“, sagt er. „Das ist für alle Verbraucher interessant – unabhängig von ihrer Religion.“

Gerade in Berlin rechnet sich Soylu gute Chancen aus, schnell Kunden zu gewinnen. So kann er sich durchaus vorstellen, schon bald eine weitere Filiale in der Stadt zu eröffnen. „Wir gehen davon aus, dass Berlin der Standort innerhalb Deutschlands sein wird, an dem wir am schnellsten wachsen werden“, sagt er.

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