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Einen Kühlschrank in den vierten Stock zu tragen, lassen sich Unternehmen gerne etwas kosten.

© Verbraucherzentrale NRW

Online-Handel: Lieferkosten: 175 Euro fürs Treppenlaufen

Beim Verschicken von Großgeräten hält es jeder Händler anders. Das Ergebnis ist ein Preis-Chaos

Von Laurin Meyer

Wer sich im Internet große Möbel bestellt, hofft ganz besonders auf eine reibungslose Lieferung: Der Spediteur klingelt, trägt das Sofa schnell in die Wohnung – und das bestenfalls kostenlos. Schließlich ist das Neubestellte oft schon teuer genug. Eine Stichprobe der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zeigt jedoch, dass es nicht ganz so einfach ist.

Die Verbraucherschützer haben sich die Lieferbedingungen für Sperrgut von 30 Onlineshops angesehen. Im Ergebnis fanden sie ein großes Chaos – sowohl bei den Leistungen als auch beim Preis. Grundsätzlich gilt: Bei der Bestellung von Großgeräten oder schweren Möbeln gelten andere Bedingungen als bei Paketen. Einfach an der Haustür oder beim Nachbarn abgeben, lässt sich der Kühlschrank natürlich nicht. Stattdessen bieten die Händler in der Regel an, die Ware entweder bis zur Bordsteinkante oder zum Aufstellungsort zu bringen. Die Lieferung übernimmt häufig eine Spedition zu einem festen Termin.

Chaos bei den Abstellorten

Im Test der Verbraucherschützer zeigte sich hier schon das erste Durcheinander. Während das eine Drittel der 30 Onlinehändler ihre Ware ausschließlich an den Aufstellungsort in der Wohnung bringen wollte, ging das andere Drittel meistens nicht weiter als bis vor die Haustür. Die restlichen zehn ließen den Kunden immerhin die Wahl: ob Bürgersteig oder Wohnung – wer sperrige Ware bestellt, sollte sich vorab gut über die Lieferbedingungen informieren. „Die Ergebnisse unserer Stichprobe zeigen, dass man nicht einfach kaufen kann“, sagt Georg Tryba von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Wer beispielsweise beim Musikhaus Thomann seine Bestellung bis hinauf in die Wohnung haben möchte, der sollte besser freundlich sein. Eigentlich beinhaltet das Lieferangebot nur den Transport bis zum Bordstein vor der Haustür. Mit etwas Verhandlungsgeschick, zumindest aber Freundlichkeit und Verständnis für den Spediteur, werde die Ware aber meistens nicht unglücklich stehen gelassen, heißt es bei Thomann.

Tipp der Händler: freundlich sein

Ähnliche Tipps hält der Grill-Shop Amgrill für seine Kunden bereit. Dieser liefert wie Thomann eigentlich nur bis vor die Tür. Für den Weg hinauf in die Wohnung ist der Kunde dann selbst verantwortlich. Allerdings, so heißt es bei dem Unternehmen, könne ein freundliches Wort oder die Aussicht auf ein Trinkgeld bei einer Unterstützung des Spediteurs helfen. „Das ist vom Händler zwar mit einem Augenzwinkern gemeint“, sagt Tryba. „Im Ernstfall bleibt der Kunde aber im Regen stehen.“ Wer bei Thomann oder Amgrill bestellt, sollte also besser rechtzeitig Freunde oder Nachbarn darum bitten, im Zweifel mitanzupacken.

Darüber kann nur schwer hinwegtäuschen, dass die Lieferung bei beiden Händlern ab einem geringen Einkaufswert kostenlos ist. Denn: „Auch wenn Verbraucher für die Lieferung nichts zahlen müssen, sind die Kosten dafür irgendwo einkalkuliert“, erklärt Tryba. Knapp die Hälfte aller Händler, die ihre Ware vor der Haustür abladen, verlangen dafür nichts. So manch ein Anbieter verspricht auch, kostenlos bis in die Wohnung zu liefern, zum Beispiel Amazon. Doch das klappt nicht immer. Bei einigen Großgeräten habe der Online-Riese die Lieferung an der Haus- oder Wohnungstür abbrechen wollen, so die Verbraucherschützer. Und: Wer bei einem sogenannten Marketplace-Verkäufer bestellt, für den gelten noch mal andere Bedingungen.

Andere Händler setzen auf besonders kreative Preismodelle. Für die Kunden kann das anstrengend werden. „Verbraucher müssen sich leider intensiver mit dem Preis-Wirrwarr beschäftigen“, sagt Tryba. „Dass es so durcheinander ist, hätten wir nicht erwartet.“

Preis richtet sich nach Warenwert

Bei den beiden Möbelhändlern Poco und Ikea richten sich die Lieferkosten etwa nach dem Kaufpreis. Beim schwedischen Einrichtungshaus werden für jeweils 200 Euro Einkaufswert rund 25 Euro fällig. Und diese Staffelung endet erst bei über 1200 Euro und 175 Euro Lieferkosten. Ganz ähnlich kalkuliert auch Poco. Hier werden ab einem Bestellwert von 1500 Euro knapp 150 Euro fällig. Wer bei den beiden Möbelhändlern zuschlagen will, für den kann der Transport teuer werden. Und dabei muss die Ware noch nicht einmal besonders schwer oder sperrig sein. Ikea verweist darauf, dass es verschiedene Modelle gibt, die Versandkosten zu berechnen. „Alle haben ihre Vor- und Nachteile“, sagt eine Sprecherin. Beim Möbelriesen staffele man die Kosten deshalb nach Warenwert, weil das „aus Kundenperspektive die transparenteste Art und Weise“ sei. Sollte Ikea aber zu dem Ergebnis kommen, dass eine andere Option geeigneter ist, würde das Unternehmen sein System umstellen.

Selbstabholung als Alternative

Der Elektrohändler Conrad wählt einen anderen Weg. Hier entscheiden Größe und Gewicht darüber, wie hoch die Lieferkosten ausfallen. Davon abhängig erhebt der Händler einen Zuschlag, der zu den üblichen Versandkosten hinzukommt. Für die Lieferung einer Waschmaschine verlangt Conrad 35 Euro mehr, für einen großen Flachbildschirmfernseher können 50 Euro zusätzlich anfallen. Auch der Konkurrenzanbieter Alternate ordnet seine Preise nach Gewicht und Produktart. Das TV-Gerät bis 119 Kilo bringt der Händler für knapp 40 Euro in die Wohnung des Kunden, für große Haushaltsgeräte bis 225 Kilo werden knapp 90 Euro fällig.

Wem das zu bunt wird, der kann bei vielen Möbel- und Elektrohändlern seine Ware zumindest auch in einem Markt vor Ort abholen. Einige Händler bieten eigene Transporter an, die sich stundenweise mieten lassen. Das geht mitunter schneller, als sich durch die Lieferbedingungen zu lesen.

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